ZPO §§ 114, 118 Abs. 1 S. 4
Leitsatz
Einem Beklagten kann nicht deshalb Prozesskostenhilfe verweigert werden, weil er im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren der Gegenseite keine Stellungnahme abgegeben hat. Ein solches Verhalten ist insbesondere nicht mutwillig.
OLG Köln, Beschl. v. 30.8.2010–11 W 57/10
Aus den Gründen
Die gem. §§ 127, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Beklagten hat in der Sache Erfolg.
Entgegen der Auffassung des LG ist die Rechtsverteidigung des Beklagten nicht als mutwillig anzusehen, weil er sich im Prozesskostenhilfeverfahren der Gegenseite nicht zur Klage geäußert hat. Allerdings ist eine Rechtsverfolgung dann mutwillig, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde. Eine Partei, welche Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen will, ist grundsätzlich gehalten, von mehreren gleichwertigen Wegen denjenigen zu beschreiten, welcher die geringsten Kosten verursacht (OLG Köln OLGR 2009, 452; OLG Brandenburg OLGR 2008, 38, jeweils m. w. Nachw.). Dies kann allerdings nur für die eigenen Kosten des Prozesskostenhilfe begehrenden Beklagten gelten; denn § 118 Abs. 1 S. 1 ZPO enthält keine Verpflichtung des Gegners zur Stellungnahme im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren. Ihm obliegen keine Pflichten gegenüber dem Prozesskostenhilfe begehrenden Kläger oder der Staatskasse, diese vor Kosten zu bewahren. Dass er Teil der Allgemeinheit ist, die in Prozesskostenhilfe geführte Prozesse letztlich aus Steuermitteln finanzieren muss, reicht nicht aus, eine rechtliche Pflicht zur Äußerung zu begründen (so überzeugend Fischer, MDR 2006, 661 f. – a.M. wohl OLG Köln und OLG Brandenburg a.a.O.).
Es kommt daher darauf an, ob die Kosten des Beklagten geringer wären, wenn er sich schon im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren des Klägers zur Klage geäußert hätte. Dies kann nicht festgestellt werden. Da Kosten in diesem Verfahren nicht erstattet werden (§ 118 Abs. 1 S. 4 ZPO), hätte der Beklagte – worauf er in seiner Beschwerde zu Recht hinweist – die Gebühren seines Prozessbevollmächtigten selbst begleichen müssen. Bei einem Vortrag erst im Klageverfahren erhält er dagegen – sein Obsiegen unterstellt – einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch gegen den Kläger. Er hat daher ein anerkennenswertes Interesse, sich im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren noch nicht zu äußern. Anderes würde nur gelten, wenn für ihn naheliegend gewesen wäre, dass in absehbarer Zeit ein Kostenerstattungsanspruch nicht realisiert werden könnte; denn dann müsste er sich vorwerfen lassen, unnötig hohe Kosten verursacht zu haben (Fischer a.a.O., S. 663; Zöller/Geimer, ZPO 28. Aufl., § 114 Rn 34 a). Dafür sind jedoch keine Anhaltspunkte ersichtlich.
Zudem ist der Vorwurf der Mutwilligkeit ohnehin nicht gerechtfertigt, wenn im Prozess eine Beweisaufnahme erforderlich würde; denn hätte dem Kläger bei rechtzeitiger Äußerung des Beklagten gleichwohl Prozesskostenhilfe bewilligt werden müssen, kann die Zurückhaltung des Vortrags nicht ursächlich für die Bewilligung und damit für die Durchführung des Klageverfahrens geworden sein. Relevant wäre also nur ein Einwand, der den Klageanspruch schon im Prozesskostenhilfeverfahren zu Fall gebracht hätte (Fischer a.a.O., S. 661).
Vorliegend hat der Beklagte seine Täterschaft bestritten. Der Kläger hat jedoch hierzu Beweis angetreten durch Zeugnis des Herrn P. Im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren hat er angegeben, den Beklagten zweifelsfrei wiedererkannt zu haben. Der Zeuge P. sei der Auftraggeber des Beklagten und habe ihm die Tür geöffnet. Dessen polizeiliche Aussage, ihn nicht zu kennen, sei falsch. Der Rechtsstreit wird daher nicht ohne Beweisaufnahme entschieden werden können.
Da der Einwand des Beklagten erheblich ist, bietet die beabsichtigte Rechtsverteidigung auch hinreichende Erfolgsaussicht i.S.v. § 114 ZPO.