Zu BGH und OLG Celle: Beide Entscheidungen sind zutreffend und vorzüglich begründet. Auf die Instanzgerichte wird nunmehr eine Flut von Nachfestsetzungsanträgen zukommen.
Nachfestsetzungen sind möglich
|
wenn von vornherein die reduzierte Verfahrensgebühr zur Festsetzung angemeldet worden ist, oder |
|
zwar die volle Verfahrensgebühr angemeldet wurde, dann aber auf Hinweis des Gerichts der Antrag später dahingehend reduziert worden ist, dass nur die um die Anrechnung verminderte Verfahrensgebühr geltend gemacht werde. Auch bei einer rechtzeitigen Antragsrücknahme im Kostenfestsetzungsverfahren liegt keine Entscheidung des Gerichts vor, die in Rechtskraft hätte erwachsen können. |
Ohne es ausdrücklich zu sagen, haben beide Gerichte damit auch entschieden, dass im Rahmen der Prozesskostenhilfe eine Nachfestsetzung möglich ist.
Soweit der beigeordnete Anwalt in PKH-Vergütungsfestsetzungsverfahren lediglich die um die Anrechnung verminderte Verfahrensgebühr zur Festsetzung angemeldet hat, kann er den restlichen Betrag noch nachfestsetzen lassen, da es auch hier an einer Entscheidung des Gerichts über den gar nicht angemeldeten Teil der Verfahrensgebühr fehlt. Insoweit kann die Begründung des OLG Celle und des BGH uneingeschränkt übertragen werden.
Gleiches gilt auch hier, wenn der Antrag gestellt, dann aber in Höhe des Anrechnungsbetrages zurückgenommen worden ist.
Darüber hinaus kann im Rahmen der Prozesskostenhilfe aber auch dann eine „Nachfestsetzung“ beantragt werden, wenn der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die angemeldete volle Verfahrensgebühr wegen der Anrechnungsbestimmung gekürzt hatte.
Gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ist nämlich die Erinnerung gegeben. Sie ist unbefristet und kann daher heute noch eingelegt werden. Auch hier kann die Rechtskraft des Festsetzungsbeschlusses einer Nachfestsetzung nicht im Wege stehen. Zwar ist über die angemeldete Forderung entschieden worden; die Entscheidung ist jedoch noch nicht in Rechtskraft erwachsen, da ein Rechtsbehelf noch möglich ist.
M. E. kann einer nachträglichen Erinnerung auch nicht der Einwand der Verwirkung entgegengehalten werden. Zum einen ist äußerst zweifelhaft, ob und unter welchen Umständen einem Antrag auf Festsetzung der PKH-Vergütung die Verwirkung entgegengehalten werden kann. In Anbetracht der kurzen dreijährigen Verjährungsfrist ist an sich kein zusätzlicher Raum für eine Verwirkung, weil dies die Verjährungsfristen unterlaufen würde.
Abgesehen davon dürfte es auch an dem Umstandsmoment fehlen. Darin, dass sich ein Rechtsanwalt angesichts der damaligen falschen Rechtsprechung mit der Entscheidung des Urkundsbeamten zufrieden gegeben und keine Erinnerung eingelegt hat, die damals aussichtslos gewesen wäre, kann kein Vertrauenstatbestand zugunsten der Landeskasse gesehen werden.
Im Übrigen wäre dies wohl auch treuwidrig. Gerichte, die erwiesenermaßen falsch entschieden und sich damit rechtswidrig verhalten haben, können nicht einem Anwalt, der sich nun auf die zutreffende Rechtslage beruft, entgegenhalten, dies sei nunmehr treuwidrig, er hätte sich gefälligst mit den falschen Entscheidungen zufriedenzugeben. Abgesehen davon hätte der Anwalt vor der Entscheidung des BGH auch kaum eine Möglichkeit gehabt, Erinnerung einzulegen und Nachfestsetzung zu betreiben. Wie die Vorinstanzen zu den Entscheidungen des BGH und des OLG Celle zeigen, waren die Festsetzungsinstanzen nämlich bemüht, ihre damalige fehlerhafte und rechtswidrige Festsetzungspraxis durch weitere rechtswidrige Gesetzesauslegung zu perpetuieren, so dass Erinnerungen wohl kaum Aussicht auf Erfolg gehabt hätten. Dann aber kann man einem Anwalt keine Verwirkung vorwerfen.