RVG § 15a Abs. 2
Leitsatz
- Haben sowohl Kläger als auch Widerkläger neben ihrer jeweiligen Hauptforderung die Erstattung der vorprozessualen Geschäftsgebühr verlangt und das Verfahren durch einen Vergleich beendet, in dem die Zahlung eines Pauschalbetrags vereinbart wurde, mit dem alle wechselseitigen Ansprüche abgegolten werden, ist im Rahmen der Kostenausgleichung auf der Klägerseite keine Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr anzurechnen, da aufgrund des Pauschalbetrags eine anteilig zu berücksichtigende Geschäftsgebühr nicht ermittelt werden kann.
- Ebenso wenig ist auf Seiten des Widerklägers und Beklagten eine Geschäftsgebühr anzurechnen, da es sich insoweit um einen klageweise geltend gemachten Anspruch handelt, der mit der Zahlung des Pauschalbetrags abgegolten wird.
- Im Übrigen kann auch keine pauschale Anrechnung erfolgen, da gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV, § 15a Abs. 2 RVG lediglich die Hälfte der titulierten oder gezahlten Geschäftsgebühr anzurechnen ist.
AG Amberg, Beschl. v. 3.2.2010 – 2 C 304/08
1 Aus den Gründen
Eine Geschäftsgebühr war entgegen der Auffassung der Beklagtenpartei nicht anzurechnen, da im vorliegenden Fall aufgrund der Klage und Widerklage aus dem vereinbarten Betrag zugunsten der Klagepartei die Berücksichtigung der Geschäftsgebühr auch nicht anteilig ermittelt werden kann.
Des Weiteren wurden durch Nr. 1 des Vergleichs sämtliche Ansprüche und Gegenansprüche der Parteien abgegolten, so dass auch die Geschäftsgebühr der Beklagtenpartei, die in der Widerklage beantragt wurde, abgegolten wurde.
Es ist deshalb auch beklagtenseits keine Anrechnung erfolgt.
Im Übrigen kann eine pauschale Anrechnung mit 0,65-Gebühr nicht erfolgen, da lediglich die Hälfte der titulierten oder gezahlten Geschäftsgebühr anzurechnen ist. (Vorbem. 3 Abs. 4 VV, § 15a RVG)
Den Parteien ist insbesondere aufgrund anwaltlicher Vertretung zuzumuten, klare und eindeutige Vereinbarungen zu treffen und nicht Nährboden für weitere Streitigkeiten zu schaffen.
2 Anmerkung
Die Entscheidung ist zutreffend. Die Frage, inwieweit eine Geschäftsgebühr bei einem "sog. Gesamtvergleich", also einem Vergleich über Hauptsache und vorgerichtliche Kosten, anzurechnen ist, war anfangs strittig. Der BGH hat klargestellt, dass eine Anrechnung nur dann in Betracht kommt, wenn die Geschäftsgebühr im Vergleich beziffert tituliert ist oder sich anderweitig aus den Umständen klar und eindeutig ergibt, inwieweit die Geschäftsgebühr in der Vergleichssumme enthalten sein soll.
Aus Sicht des Beklagten ist es daher wichtig, darauf zu achten, dass bei einem Gesamtvergleich die Geschäftsgebühr beziffert ausgewiesen wird, damit sich der Beklagte in der nachfolgenden Kostenfestsetzung auf die Anrechnung berufen kann.
Für den Kläger ist es wichtig, an die gesonderte Titulierung der Geschäftsgebühr zu denken, wenn ein rechtsschutzversichertes Mandat vorliegt, da dann der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch auf Ersatz der Geschäftsgebühr bereits auf den Rechtsschutzversicherer übergegangen sein kann und dieser Anspruch im Falle eines Gesamtvergleichs untergehen würde. Es läge dann ein Vergleich zu Lasten des Rechtsschutzversicherers vor, der dies nicht hinnehmen, sondern dann vom Anwalt oder vom Mandanten wegen Vereitelung des Erstattungsanspruchs Regress nehmen wird.
Norbert Schneider