Eine gerichtliche Entscheidung über die Aufrechnung der Staatskasse gegen den an den Verteidiger abgetretenen Anspruch auf Erstattung notwendiger Auslagen wird häufig dann erforderlich, wenn zwischen Staatskasse und Verteidiger Streit darüber besteht, ob zum Zeitpunkt der Aufrechnung der Staatskasse bereits eine Urkunde über die Abtretung oder eine Anzeige des Beschuldigten oder des Betroffenen über die Abtretung in den Akten vorlag, § 43 S. 2 RVG.
Rechnet die Staatskasse mit einer Geldstrafe gegen den an den Verteidiger abgetretenen Anspruch auf Erstattung notwendiger Auslagen auf, ist höchstrichterlich geklärt, welches Gericht für die Entscheidung über Einwendungen gegen die Aufrechnung der Staatskasse zuständig ist. Die Zuständigkeit zur Entscheidung über Einwendungen gegen die Wirksamkeit der Aufrechnung richtet sich hier nach § 462a Abs. 2 S. 1 StPO. Zuständig ist somit das Gericht des ersten Rechtszuges. Entscheidend für die Zuständigkeit dieses Gerichts ist, dass mit der Aufrechnung hinsichtlich der Geldstrafe Strafe vollstreckt wird (BGH, a.a.O.). Die Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts gilt auch dann noch, wenn zusammen mit der Geldstrafe Verfahrenskosten vollstreckt werden. Das erstinstanzliche Gericht ist aber dann nicht mehr zuständig, wenn die Geldstrafe gezahlt ist und die Aufrechnung von der Staatskasse nur wegen der Verfahrenskosten erklärt wird (vgl. § 15 Einforderungs- und Beitreibungsanordnung – EBAO: Lösung von Geldstrafe und Kosten).
Sind Geldstrafe und Kosten gelöst (§ 15 EBAO) oder wenn die Staatskasse von vornherein nur wegen Verfahrenskosten die Aufrechnung erklärt, ist umstritten, an welches Gericht sich der RA wenden muss, wenn er die Aufrechnung der Gerichtskasse mit einer Gerichts- bzw. Verfahrenskostenforderung gegen den ihm von seinem freigesprochenen Mandanten abgetretenen und durch Kostenfestsetzungsbeschluss (§ 464b StPO) festgestellten Erstattungsanspruch für unwirksam hält und deshalb die Auszahlung des festgesetzten Betrages an sich verlangt. Das AG Hamm hat sich der Auffassung angeschlossen, dass diese Prüfung nicht im Verfahren nach § 30a EGGVG zu erfolgen hat, weil die Aufrechnungserklärung nicht den von § 30a EGGVG geforderten Verwaltungsakt i.S.v. § 35 VwVfG darstellt. Praktisch bedeutet das, dass die Überprüfung der Wirksamkeit der Aufrechnung der Gerichtskasse nicht gem. § 30a Abs. 2 S. 1 EGGVG durch das Amtsgericht erfolgt, in dessen Bezirk die aufrechnende Gerichtskasse ihren Sitz hat, sondern.gem. §§ 8 JBeitrO, 66 GKG durch das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt worden sind, mit denen die Gerichtskasse die Aufrechnung erklärt hat. Bei dem in Strafsachen regelmäßig durch die Staatsanwaltschaft erstellten Kostenansatz wäre das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig (vgl. § 19 Abs. 1 S. 2 GKG).
Das führt in der Praxis aber zu erheblichen Problemen. Wenn die Gerichtskasse nämlich mit von verschiedenen Gerichten erstellten Kostenforderungen aufrechnet, muss die Aufrechnung vom Verteidiger bei jedem dieser Gerichte angefochten werden. Das bedeutet, dass sich mehrere Gerichte mit derselben Problematik beschäftigen müssen. Deshalb ist es schon im Interesse der Konzentration der Beurteilung der mit § 43 RVG verbundenen Rechtsfragen zweckmäßig und sachgerecht, das AG am Sitz der aufrechnenden Gerichtskasse als zuständiges Gericht zu bestimmen.
Dem AG Hamm wird auch deshalb nicht zu folgen sein, weil Verwaltungsakt i.S.v. § 35 VwVfg im Rahmen von § 30a GGVG nicht die Aufrechnungserklärung der Gerichtskasse, sondern der von den Gerichten bzw. der Staatsanwaltschaft vorgenommene Kostenansatz ist, der die Grundlage für die Aufrechnungserklärung der Gerichtskasse bildet (vgl. § 19 GKG). Der Kostenansatz ist Verwaltungsakt. Deshalb ist mit der h.M. die Zulässigkeit des Verfahrens nach § 30a EGGVG zu bejahen.
Dipl.-Rpfleger J. Volpert, Willich