VV RVG Vorbem. 3 Abs. 3; Nr. 3106
Leitsatz
- Eine Terminsgebühr aus Nr. 3106 VV fällt nach der Vorbem. 3 Abs. 3 VV auch durch ein Telefonat mit dem Kammervorsitzenden an, wenn auf dessen Basis der Rechtsstreit im Wege eines protokollierten Vergleichs erledigt werden kann.
- Der Sinn und Zweck der Vorbem. 3 Abs. 3 VV – namentlich die Vermeidung von gerichtlichen Terminen, welche nur aus Gebühreninteresse abgehalten werden – legt eine weite Auslegung dieses Tatbestandes nahe.
- Gegen die Entscheidung des SG über die Erinnerung gegen eine Kostenfestsetzung ist die Beschwerde zum LSG gegeben.
SG Fulda, Beschl. v. 8.3.2011 – S 3 SF 60/10 E
1 Sachverhalt
Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu gewährenden Gebühren und Auslagen. Das Verfahren betraf eine Untätigkeitsklage. Parallel zu der Untätigkeitsklage hatte die Klägerin des Ausgangsverfahrens einen Eilantrag gestellt. Der Kammervorsitzende hatte in dieser Sache telefonisch Kontakt zu den Beteiligten gesucht, um sodann beide Verfahren im Rahmen eines protokollierten gerichtlichen Vergleichs schriftlich zu erledigen. Nach Abschluss des Verfahrens beantragte der Erinnerungsführer u.a. auch die Festsetzung einer Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV. Diese Gebühr hat der Urkundsbeamte abgesetzt.
Dagegen erhob der Anwalt Erinnerung. Zur Begründung führte er aus, er habe ein Telefongespräch mit dem zuständigen Vorsitzenden geführt, auf dessen Basis der abgeschlossene Vergleich protokolliert worden sei. Auf der Basis der Vorbem. 3 Abs. 3 VV sei die begehrte Terminsgebühr angefallen.
Der Urkundsbeamte hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Auch der Bezirksrevisor hält den angegriffenen Vergütungsfestsetzungsbeschluss für rechtmäßig. Eine Terminsgebühr sei nicht angefallen, weil der Rechtsstreit durch Vergleich beendet worden sei und ein Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin nicht stattgefunden habe. Ein Gespräch mit dem Kammervorsitzenden löse eine Terminsgebühr nicht aus.
Die Erinnerung hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Der angegriffene Vergütungsfestsetzungsbeschluss erweist sich als rechtswidrig, der Urkundsbeamten hat zu Unrecht die Festsetzung der beantragten Terminsgebühr abgelehnt.
Entgegen der Ansicht des Urkundsbeamten und des Erinnerungsgegners ist vorliegend eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV angefallen.
Gem. Vorbem. 3 Abs. 3 VV entsteht eine Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts.
Vorliegend hat der Erinnerungsführer an einer telefonischen Besprechung zur Erledigung des Verfahrens teilgenommen, so dass ein Mitwirken i.S.d. Vorbem. 3 Abs. 3 VV erfüllt ist. Diese Vorschrift soll gerade die Bemühungen eines Prozessbevollmächtigten um die Erledigung der Sache honorieren. Weiterhin soll eine unnötige Erörterung in einem Gerichtstermin allein im Gebühreninteresse vermieden werden.
In der entsprechenden Gesetzesbegründung (BT-Drucks 15/1971 S. 209) wird dazu Folgendes ausgeführt:
Die in Abs. 3 der Vorbem. bestimmte Terminsgebühr soll sowohl die bisherige Verhandlungs- (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO) als auch die Erörterungsgebühr (§ 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO) ersetzen. Dabei soll es künftig nicht mehr darauf ankommen, ob in dem Termin Anträge gestellt werden oder ob die Sache erörtert wird. Vielmehr soll es für das Entstehen der Gebühr genügen, dass der Rechtsanwalt einen Termin wahrnimmt. Die Terminsgebühr soll gegenüber der früheren Verhandlungs- und Erörterungsgebühr auch in ihrem Anwendungsbereich erweitert werden und grundsätzlich eine Gebühr mit einem Gebührensatz von 1,2 sein. Die Unterschiede zwischen einer streitigen oder nichtstreitigen Verhandlung, ein- oder zweiseitiger Erörterung sowie zwischen Verhandlungen zur Sache oder nur zur Prozess- oder Sachleitung sollen weitgehend entfallen. Dies führt zu einer erheblichen Vereinfachung, beseitigt viele Streitfragen und entlastet somit die Justiz. Der Anwalt soll nach seiner Bestellung zum Verfahrens- oder Prozessbevollmächtigten in jeder Phase des Verfahrens zu einer möglichst frühen, der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beendigung des Verfahrens beitragen. Deshalb soll die Gebühr auch schon verdient sein, wenn der Rechtsanwalt an auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts mitwirkt, insbesondere wenn diese auf den Abschluss des Verfahrens durch eine gütliche Regelung zielen. Solche Besprechungen sind bisher nicht honoriert worden. In der Praxis wird deshalb ein gerichtlicher Verhandlungstermin angestrebt, in dem ein ausgehandelter Vergleich nach "Erörterung der Sach- und Rechtslage" protokolliert wird (damit entsteht die Verhandlungs- bzw. Erörterungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 bzw. 4 BRAGO). Den Parteien wird durch den vorgeschlagenen erweiterten Anwendungsbereich der Terminsgebühr oft ein langwieriges und...