RVG § 8
Leitsatz
- Die Fälligkeitsregelung des § 8 RVG ist abdingbar. Insbesondere können die Parteien in einer Vergütungsvereinbarung abweichende Regelungen treffen.
- Solche abweichenden Fälligkeitsvereinbarungen können auch konkludent geschlossen werden.
BGH, Beschl. v. 19.9.2013 – IX ZR 112/11
1 Aus den Gründen
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 S. 1 ZPO) und zulässig (§ 544 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 ZPO). Sie hat jedoch keinen Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rspr. eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).
§ 8 RVG ist ebenso abdingbar wie die Vorläufervorschrift des § 16 BRAGO (vgl. BGH, Urt. v. 10.11.1977 – III ZR 182/75, Rpfleger 1978, 91; Beschl. v. 13.7.1984 – III ZR 137/83, WM 1984, 1318; Urt. v. 24.10.1991 – IX ZR 18/91, WM 1992, 159, 160). Fälligkeitsvereinbarungen können auch konkludent geschlossen werden, etwa wenn die Parteien eine Zeitvergütung und regelmäßige Zwischenabrechnungen vereinbart haben. Dass diese Grundsätze, die auch der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegen, in Rspr. oder Lit. anders gesehen werden, zeigt die Nichtzulassungsbeschwerdebegründung nicht auf.
Von einer weiteren Begründung wird gem. § 544 Abs. 4 S. 2 Hs. 2 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
2 Anmerkung
Vertragliche Fälligkeitsvereinbarungen sind grundsätzlich möglich.
Das gilt auch dann, wenn die gesetzliche Vergütung geschuldet ist. Es handelt sich insoweit nämlich nicht um eine Vergütungsvereinbarung, da alleine durch die Verlegung der Fälligkeit noch keine abweichende Vergütung ausbedungen wird.
Fälligkeitsvereinbarungen im Rahmen von Vergütungsvereinbarungen nach § 3a RVG müssen daher erst Recht zulässig sein.
Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) könnten zwar einschränkend § 305c Abs. 2 BGB (Überraschende und mehrdeutige Klauseln) und die §§ 306 und 307 (Inhaltskontrolle) bis 309 BGB (Klauselverbote) sowie Artikel 46b EGBGB (Verbraucherschutz) auf vorformulierte Vertragsbedingungen Anwendung finden, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Da es sich bei der Vereinbarung über die sofortige Fälligkeit der Vergütung jedenfalls um eine solche handelt, die den nach dem bürgerlichen Recht maßgeblichen Grundsatz widerspiegelt, ist nicht davon auszugehen, dass eine solche Reglung einen Verstoß gegen § 305c Abs. 2 BGB darstellt. Anders liegen kann der Fall dann, wenn der Vereinbarung der sofortigen Fälligkeit ein Erbringen der anwaltlichen Tätigkeit erst nach erheblichem Zeitablauf gegenübersteht. In diesem Fall kann eine unangemessene Benachteiligung des Auftraggebers angenommen werden, wobei ungeachtet dessen eine Fälligkeitsvereinbarung abweichend von § 8 RVG wegen § 271 BGB immer zulässig sein dürfte.
Rechtsanwältin und FAFamR Lotte Thiel, Koblenz
AGS 12/2013, S. 573