ZPO §§ 120 Abs. 3 Nr. 1, 127 Abs. S. 2 Hs. 1 RVG § 50
Leitsatz
- Gegen die Entscheidung der Einstellung der Zahlungen wegen Kostendeckung nach § 120 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ist die sofortige Beschwerde des beigeordneten Rechtsanwalts, der die Einziehung der Differenz zwischen den Wahlanwalts- und den ermäßigten Prozess-/Verfahrenskostenhilfegebühren erstrebt (vgl. § 50 RVG), nach § 127 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 ZPO statthaft.
- Der Rechtspfleger ist bei der Prüfung der Kostendeckung gem. § 120 Abs. 3 Nr. 1 ZPO nicht befugt, im Mandatsverhältnis wurzelnde Einwendungen wie z.B. einen streitigen Verzicht des beigeordneten Rechtsanwalts auf Gebühren zu beurteilen.
OLG Celle, Beschl. v. 14.12.2012 – 12 WF 244/12
1 Sachverhalt
Die Antragstellerin hat im vorliegenden Verfahren beantragt, ihre Ehe mit dem Antragsgegner zu scheiden.
Das AG hat dem Antragsgegner Verfahrenskostenhilfe für das Scheidungsverfahren in erster Instanz bewilligt und ihm Frau Rechtsanwältin L., beigeordnet. Es hat ihm aufgegeben, monatliche Raten in Höhe von 275,00 EUR an die Landeskasse zu zahlen.
Die Ehe der Antragstellerin und des Antragsgegners ist mit Beschluss des AG vom 10.3.2011, rechtskräftig seit dem 9.9.2011, geschieden worden.
Mit Beschl. v. 2.3.2012 sind die vom Antragsgegner an die Landeskasse zu zahlenden Raten für die Zeit ab März 2012 auf monatlich 225,00 EUR herabgesetzt worden.
Mit Beschl. v. 20.7.2012 hat das AG die Einstellung der Ratenzahlungsverpflichtung wegen Kostendeckung angeordnet. Der Antragsgegner habe 1.594,03 EUR an die Landeskasse in Raten gezahlt. Dieser Betrag sei auf die Gerichtskosten in Höhe von 407,00 EUR und die Verfahrenskostenhilfevergütung der Beschwerdeführerin gem. § 49 RVG in Höhe von 1.187,03 EUR, insgesamt 1.594,03 EUR, verrechnet worden. Die Beschwerdeführerin habe aufgrund eines Verzichts gegenüber dem Antragsgegner keinen Anspruch auf die Differenz zwischen der Wahlanwaltsvergütung und der Verfahrenskostenhilfevergütung in Höhe von 1.520,22 EUR.
Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrem Rechtsmittel. Sie macht geltend, dass es nicht richtig sei, dass sie gegenüber dem Antragsgegner auf die Differenz zwischen den Wahlanwalts- und den ermäßigten Verfahrenskostenhilfegebühren verzichtet habe.
Das AG hat der Beschwerde mit Beschl. v. 19.11.2012 nicht abgeholfen und die Akten dem OLG vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin ist zulässig, insbesondere gem. § 127 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 ZPO i.V.m. § 113 FamFG statthaft.
Der Senat folgt der in der Rspr. überwiegend vertretenen Auffassung, dass gegen die Entscheidung der Einstellung der Ratenzahlungen wegen Kostendeckung nach § 120 Abs. 3 Nr. 1 ZPO die sofortige Beschwerde des beigeordneten Rechtsanwalts gem. § 127 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 ZPO statthaft ist (so auch OLG Düsseldorf MDR 1993, 90; OLG Hamm FamRZ 1989, 412, OLG Celle, Beschl. v. 30.12.1988 – 15 WF 91/88, Musielak/Fischer, ZPO, 9. Aufl., § 127 ZPO, Rn 15; Büttner, FPR 2002, 498; a.A. OLG Köln FamRZ 1997, 1283, Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 127 ZPO, Rn 23; MüKo zur ZPO/Motzer, 4. Aufl., § 127 ZPO, Rn 25, die ein Beschwerderecht analog § 128 BRAGO bzw. analog § 56 RVG bejahen; a.A. OLG Düsseldorf FamRZ 1986, 1230, Schneider/Wolf-Fölsch/Schnapp, AnwK-RVG, 6. Aufl., § 50 RVG, Rn 20 ff., Bischof/Jungbauer/Bräuer/Curkovic/Mathias/Uher/Jungbauer, RVG, Kommentar, 4. Aufl., § 50 RVG, Rn 24, Hartung/Römermann/Schons/Hartung, RVG, 2. Aufl., § 50 RVG, Rn 21, die ein Beschwerderecht verneinen).
§ 127 Abs. 2 S. 1 ZPO, der bestimmt, dass die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nur nach Maßgabe des § 127 Abs. 3 ZPO angefochten werden kann, steht nicht entgegen. Die Einstellung der Ratenzahlungen wegen Kostendeckung gem. § 120 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ist keine Entscheidung über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe i.S.v. § 127 Abs. 2 S. 1 ZPO. Sie berührt – anders als z.B. Entscheidungen gem. § 120 Abs. 4 ZPO – nicht die Prozesskostenhilfe-Grundentscheidung.
§ 127 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 ZPO regelt, dass "im Übrigen" die sofortige Beschwerde stattfindet. Dies ist dahingehend zu verstehen, dass die Worte "im Übrigen" alle anderen als bewilligende Entscheidungen umfassen und nicht – wie das OLG Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 8.10.1986 (FamRZ 1986, 1230) meint – nur solche betreffen, die eine Verweigerung der Prozesskostenhilfe zum Gegenstand haben (vgl. OLG Hamm FamRZ 1989, 412). Hierfür spricht neben dem Wortlaut der Vorschrift vor allem die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 127 ZPO (BT-Drucks 8/3068, S. 32, 33), die auch nach der zwischenzeitlichen Einführung eines beschränkten Anfechtungsrechts der Staatskasse in § 127 Abs. 3 ZPO gilt und in der es heißt: "Die übrigen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe möglichen Entscheidungen (z.B. Verweigerung der Prozesskostenhilfe, Aufhebung der Bewilligung, Festsetzung von Monatsraten, vorläufige Begrenzung der Zahl der Monatsraten, Beiordnung eines Rechtsanwalts, Ablehnung der Beiordnung) sollen, soweit die Partei oder ein Dritter beschwert ist, mit dem Rechtsmittel der Beschwerde anfechtbar sein."
Die...