Schade, dass das OLG Köln an der noch bis zum 17.12.2008 vertretenen Auffassung nicht mehr festhält und sich den dogmatisch nicht zutreffenden Gegenansichten anschließt, wonach Leistungen nach dem SGB II nicht als Einkommen i.S.d. § 43 Abs. 2 FamGKG zu berücksichtigen sein sollen.
Als Hauptargument zieht das OLG die unterstellte Tatsache heran, dass die Verfahrenswertbemessung nach § 43 FamGKG an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der beteiligten Eheleute anknüpft, die bei Vereinnahmung von Leistungen nach dem SGB II zu verneinen sei.
Die Art der Herangehensweise an die Wertvorschrift des § 43 FamGKG begegnet insoweit Bedenken.
In einem ersten Schritt ist zu prüfen, was Nettoeinkommen bedeutet. Nettoeinkommen bezeichnet Einkünfte, die dem einzelnen nach Abzug aller Abgaben und Steuern für den privaten Verbrauch zur Verfügung stehen. Zu den Einnahmen zählen danach alle tatsächlich monatlich zufließenden Einkünfte einschließlich der Sachbezüge und geldwerten Vorteile. Für Abzüge, insbesondere Kinderfreibeträge etc., ist dabei weder in Ehe- noch in Versorgungsausgleichssachen Raum, noch differenziert § 43 Abs. 2 FamGKG nach der Art der Einkünfte. "Netto" meint die steuerbereinigten Einkünfte. Eine Orientierung an § 2 EStG zur Ermittlung des zur Verfügung stehenden Einkommens ist zulässig. Auch sonstige Einkünfte nach § 22 EStG sind maßgeblich. Ist das Nettoeinkommen nach Abgaben und Steuern ermittelt, kommen weitere Abzüge nicht mehr in Betracht. Jeder an einer Ehesache Beteiligte weiß, was Nettoeinkommen bedeutet und ist in der Lage, die entsprechende Frage des Gerichts zu beantworten. Er zieht dabei nicht etwa Freibeträge für eheliche oder nichteheliche Kinder oder gar Verbindlichkeiten ab oder sagt, er verdiene nichts, wenn Leistungen nach dem SGB II vereinnahmt werden.
Insoweit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in die Verfahrenswertbemessung einfließen soll, so kommt eine Berücksichtigung nach § 43 Abs. 1 S. 1 FamGKG nach Ermessen grundsätzlich zwar in Betracht. Warum sollen Leistungen nach dem SGB II aber weniger wert sein als derselbe Betrag, der aus Erwerb erzielt wird. Plausible Gründe für die Nichtberücksichtigung lassen sich keiner Entscheidung, die für die Auffassung des OLG streitet, entnehmen.
Die dogmatisch richtige Herangehensweise bei der Verfahrenswertbemessung nach § 43 FamGKG spricht für die Berücksichtigung von Leistungen nach dem SGB II beim Nettoeinkommen nach § 43 Abs. 2 FamGKG.
Rechtsanwältin und FAFamR Lotte Thiel, Koblenz
AGS 12/2013, S. 588 - 589