Die – aus eigenem Recht gem. § 32 Abs. 2 RVG statthafte – Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin gegen die Festsetzung des Gegenstandswertes für den Versorgungsausgleich ist gem. § 59 Abs. 1 S. 1 u. 3 FamGKG zulässig. Insbesondere ist der erforderliche Beschwerdewert von mehr als 200,00 EUR deutlich erreicht, nachdem der Beschwerdeführer eine Festsetzung auf (mindestens) 9.900,00 EUR statt der erstinstanzlich festgesetzten 5.291,92 EUR erstrebt.

In der Sache selbst erweist sich das Rechtsmittel als begründet.

Gem. § 50 Abs. 1 FamGKG beträgt vorliegend der Verfahrenswert für den Versorgungsausgleich für jedes Anrecht 10 Prozent des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens, das das AG auf 11.100,00 EUR festgesetzt hatte.

Einzubeziehen in die derart vorzunehmende Ermittlung des Regelstreitwertes sind nicht nur die ausgeglichenen oder auszugleichenden, sondern sämtliche während der Ehezeit erworbenen verfahrensgegenständlichen Anrechte. Nicht aufzunehmen in die Wertberechnung sind demgegenüber Anrechte eines Ehegatten, deren Einbeziehung in den Versorgungsausgleich von vornherein deswegen nicht in Betracht kommt, weil während der Ehezeit keine Versorgungsanwartschaften erworben worden sind (vgl. OLG Hamburg MDR 2012, 1229 m. w. Nachw. [= AGS 2012, 536 ]; erkennender Senat, Beschl. v. 16.7.2013 – 9 WF 102/13), hier die Anrechte des Antragstellers bei der Generali Lebensversicherung AG und der Bayerischen Beamten Versicherung AG. Gemessen daran sind in die vorliegende Wertberechnung neun Anrechte einzubeziehen, so dass sich nach § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG ein (Regel-)Streitwert von (11.100,00 EUR x 10 % = 1.110,00 EUR x 9 Anrechte =) 9.990,00 EUR errechnet.

Ist der nach § 50 Abs. 1 FamGKG bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder – wie hier – einen niedrigeren Wert festsetzen (§ 50 Abs. 3 FamGKG). Die Möglichkeit für das FamG, unter Billigkeitsgesichtspunkten von dem rechnerisch ermittelten Wert abzuweichen, muss nach dem Willen des Gesetzgebers gerade in solchen Fällen zur Verfügung stehen, in denen der Wert zu Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache in keinem vertretbaren Verhältnis steht (BT-Drucks 16/10144, S. 111). Die Anknüpfung an die Vertretbarkeit macht deutlich, dass es sich bei § 50 Abs. FamGKG um eine Ausnahmevorschrift handelt, die nach Auffassung des erkennenden Senates (vgl. Beschl. v. 16.7.2013 – 9 WF 102/13) restriktiv zu handhaben ist.

Im Streitfall liegen nach der hier vertretenen Ansicht keine besonderen Umstände vor, die eine Herabsetzung des rechnerisch nach § 50 Abs. 1 FamGKG ermittelten Wertes rechtfertigen würden. Das neue Versorgungsausgleichsrecht ist durch den Gesetzgeber aufwändig gestaltet worden und erfordert eine umfassende sachliche und sorgfältige Prüfung der Auskünfte sowohl durch die Beteiligten bzw. deren Verfahrensbevollmächtigte als auch durch das Gericht. Diesem Aufwand ist auch im Rahmen der Festsetzung des Gegenstandswertes Rechnung zu tragen.

Die Beschwerde betont zu Recht, dass es für die Frage der Unbilligkeit nicht entscheidend auf die Differenz der auszugleichenden Anrechte ankommt, weil eine solche Gesamtsaldierung dem neuen Versorgungsausgleichsrecht fremd ist und diese Herangehensweise auch nicht berücksichtigt, dass auch das Unterbleiben des Ausgleichs einzelner Anrechte nach § 18 VersAusglG erst Ergebnis einer – im Einzelfall durchaus auch aufwändigen – Prüfung sein kann. Für die Frage, ob der Regelstreitwert ausnahmsweise in keinem angemessenen Verhältnis zu Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache steht, ist deshalb die Summe der korrespondierenden Kapitalwerte der ehezeitlichen Versorgungsanrechte in den Blick zu nehmen, die sich im Streitfall auf knapp 220.000,00 EUR beläuft. Auch in Relation zu der danach zu messenden Bedeutung der Sache für die beteiligten Eheleute kann nach hiesiger Auffassung nicht festgestellt werden, dass die Festhaltung am Regelstreitwert unbillig erschiene.

AGS 12/2014, S. 569 - 570

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