Wieder liegt ein Jahr hinter uns. Nach den umfassenden Reformen in 2013 sind wir dieses Jahr ebenso wie im Vorjahr von spektakulären Gesetzesänderungen verschont geblieben. Eingeführt worden ist allerdings endlich die Anpassung der Nr. 5101 ff. VV an die bereits zum 1.4.2014 neu geregelte Punktegrenze in Verkehrsordnungswidrigkeiten. Besondere Bedeutung für die Praxis hatte dies allerdings nicht, da Bußgelder im Bereich zwischen 40,00 und 60,00 EUR nach dem Bußgeldkatalog ohnehin die Ausnahme sind. Die befürchteten Probleme zu Übergangsfällen sind ausgeblieben.
Aus der Rechtsprechung ist dagegen von einigen wichtigen, für die Anwaltschaft erfreulichen Entscheidungen zu berichten.
So hat sich zwischenzeitlich die Rechtsprechung verfestigt, dass ein Anwalt, der mehrere Geschädigte in einer Verkehrsunfallsache vertritt, außergerichtlich gesondert abrechnen darf. Ebenfalls erfreulich für den Verkehrsrechtler ist die Verfestigung der Rechtsprechung, dass der Restwerterlös des Geschädigten sich nicht mindernd auf den Erledigungswert der anwaltlichen Tätigkeit auswirkt.
Unerfreulich ist dagegen die Rechtsprechung zur Erstreckung der Beiordnung des Anwalts bei Mehrwertvergleichen. Hier ist die ganz überwiegende Rechtsprechung dazu übergeschwenkt, den einfachen Mehrwertbeschluss nur auf die Einigungsgebühr zu erstrecken, nicht auch auf die Verfahrens- und Terminsgebühr. Aber das OLG Celle hat auch schon einen Weg aufgezeigt, mit diesem Problem fertig zu werden, nämlich die ausdrückliche Beiordnung für diese Gebühren zu beantragen.
Auch zur Reisekostenerstattung hat sich die Rechtsprechung verfestigt, dass die Kosten eines im Gerichtsbezirk niedergelassenen Anwalts ohne Notwendigkeitsprüfung zu erstatten sind und dass die Reisekosten eines Rechtsanwalts außerhalb des Gerichtsbezirks zumindest bis zur Höhe der höchstmöglichen Entfernung innerhalb des Gerichtsbezirks zu erstatten sind. Lediglich das OLG Celle tanzt – wie üblich – wieder einmal aus der Reihe. Hier dürfte demnächst mit einer höchstrichterlichen Entscheidung zu rechnen sein.
Wichtige Entscheidungen hat es wieder einmal zur Vergütungsvereinbarung gegeben. So hat das OLG Karlsruhe zu der Frage Position bezogen, welche Anforderungen an das deutliche Absetzen von sonstigen Vereinbarungen zu stellen sind. Es stellt insoweit auf die Vorschriften für eine Widerrufsbelehrung ab. Der BGH hat kurz vor Jahresende diese Entscheidung im Ergebnis bestätigt. Ob er allerdings auch die strengen Anforderungen des OLG Karlsruhe stellt, bleibt abzuwarten, bis die Begründung vorliegt.
Dass der fehlende Hinweis auf die eingeschränkte Kostenerstattung keinen Formverstoß darstellt und nicht zur Unverbindlichkeit, sondern lediglich zu Schadenersatzansprüchen führen kann, hat das OLG Karlsruhe in einer weiteren Entscheidung festgestellt.
Bedeutsam ist auch die Entscheidung des BGH (in diesem Heft), wonach sich auch dann ein Rückzahlungsanspruch des Mandanten ergibt, wenn dieser auf eine wegen Formverstoßes unverbindliche Vereinbarung gezahlt hat. Daran werden noch einige Kollegen zu knabbern haben.
Und von einer weiteren erfreulichen Entscheidung des BGH gilt es kurz vor Jahresschluss in diesem Heft noch zu berichten: Der BGH hat die Unsitte vieler Instanzgerichte für unzulässig erklärt, im Rahmen der Kostenerstattung lediglich eine 0,3-Gebühr für ein einfaches Schreiben anzuerkennen, wenn sich eine Forderungsbeitreibung im Nachhinein als einfach erwiesen hat.
Ausdauer im Gebührenrecht wird früher oder später belohnt! So hoffen wir auf der Grundlage von Einsendungen unserer Leser – für die wir uns herzlich bedanken – auch im Kalenderjahr 2016 weiterhin "zur Rechtsfortbildung beitragen zu können".
In diesem Sinne wünschen wir ein frohes Weihnachtsfest und alles Gute zum Neuen Jahr!
Autor: Lotte Thiel
Lotte Thiel und Norbert Schneider
AGS 12/2015, S. II