Leitsatz
Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist für den Beteiligten zur Wahrung seiner Interessen die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe nur dann geboten, wenn er das konkrete Verfahren nach seinen Fähigkeiten und Kenntnissen ohne die Gefahr eines Rechtsnachteils nicht ohne anwaltliche Hilfe führen konnte.
OLG Celle, Beschl. v. 12.6.2015 – 2 W 137/15
1 Aus den Gründen
Die gem. § 11 Abs. 1 RPflG, § 85 FamFG, § 104 Abs. 3 i.V.m. §§ 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, 569 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers zu 1) ist begründet. Zu Unrecht hat die Rechtspflegerin die von der Beteiligten zu 4) beantragten Kosten gegen den Antragsteller zu 1) als Gesamtschuldner neben den Beteiligten zu 2) und 3) festgesetzt. Soweit die Beteiligte zu 4) mit ihrem Kostenfestsetzungsantrag die Festsetzung anwaltlicher Gebühren gegen den Antragsteller zu 1) begehrt, hat die Rechtspflegerin zu Unrecht entschieden, dass für die Beteiligte zu 4) im Verfahren betreffend die Vermittlung der Erbauseinandersetzung eine Notwendigkeit der anwaltlichen Vertretung gegeben gewesen sei.
§ 91 Abs. 2 S. 1 ZPO, wonach die Kosten des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei in allen Prozessen zu erstatten sind, findet in den Verfahren nach dem FamFG keine Anwendung. Denn § 80 S. 2 FamFG erklärt zwar § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO für entsprechend anwendbar, nicht aber § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO. Daraus ist zu folgern, dass die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts nicht zwingend zu den erstattungsfähigen Kosten in Verfahren nach dem FamFG gehören. Vielmehr muss eine Notwendigkeit für die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe gegeben sein, was in jedem einzelnen Fall vom Rechtspfleger bei der Kostenfestsetzung zu prüfen ist, soweit nicht das Gericht bereits in der Ausgangsentscheidung anwaltliche Kosten als berücksichtigungsfähig bezeichnen sollte (vgl. Keidel/Zimmermann, FamFG, 17. Aufl., § 80 Rn 6). Hierfür ist entscheidend, ob die Kosten im Zeitpunkt ihrer Aufwendung nach der allgemeinen Verkehrsanschauung objektiv aufzuwenden waren, ohne dass es auf subjektive Bewertungen des Beteiligten oder eine Ex-post-Betrachtung im Zeitpunkt der Kostenfestsetzung ankäme; die Verhältnismäßigkeit des Kostenaufwands ist zu beachten. Es gilt der Grundsatz möglichst sparsamer Verfahrensführung (vgl. OLG Nürnberg FamRZ 2012, 735 [= AGS 2012, 154]; Schindler, in: MüKo, ZPO, 3. Aufl., § 80 FamFG Rn 9). Jeder Beteiligte ist generell verpflichtet, die Kosten seiner Verfahrensführung, die er im Falle seines Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung seiner berechtigten Belange vereinbaren lässt (vgl. BGH NJW 2007, 2257 [= AGS 2007, 541]; BGH NJW 2008, 1087 [= AGS 2008, 155]; BGH GRUR 2013, 1259). Zur Wahrung seiner Interessen ist die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe durch den Erstattungsberechtigten nur dann geboten, wenn er das konkrete Verfahren nach seinen Fähigkeiten und Kenntnissen ohne Gefahr eines Rechtsnachteils nicht ohne anwaltliche Beratung führen konnte (vgl. Prütting/Helms/Feskorn, FamFG, § 80 Rn 10 m.w.N.). Ist die Beauftragung eines Rechtsanwalts für den Beteiligten erkennbar unnötig, sind die hierdurch verursachten Kosten als nicht notwendig zu erachten (vgl. OLG Nürnberg FamRZ 2012, 735 [= AGS 2012, 154]; OLG Brandenburg AGS 2015, 249).
Auch ohne anwaltliche Beratung und Vertretung bestand für die Beteiligte zu 4) mit Rücksicht auf deren Fähigkeiten und Kenntnisse als Steuerberatungsgesellschaft im vorliegenden FamFG-Verfahren betreffend die Vermittlung einer Erbauseinandersetzung angesichts ihrer nicht nur titulierten, sondern bereits durch Vollstreckungsmaßnahmen gesicherten Forderungen gegen den Beteiligten zu 3) ersichtlich keinerlei Gefahr eines Rechtsnachteils. Mit seinem verfahrenseinleitenden Antrag vom 8.5.2013 legte der Antragsteller zu 1) einen Teilungsplan vor, ausweislich dessen bei der beabsichtigten Nachlassaufteilung sämtliche Forderungen der Beteiligten zu 4) gegen den Beteiligten zu 3) in vollem Umfang befriedigt werden sollten. Diesen Teilungsplan hatte die Beteiligte zu 4) bereits vorgerichtlich zur Verfügung gestellt erhalten und dagegen keinerlei Einwände erhoben. Sie verfügte seit dem 25.9.2002 über einen Titel gegen den Beteiligten zu 3) in Gestalt eines gerichtlich protokollierten Vergleichs, dessen Bestand und Umfang durchgehend außer Zweifel stand. Durch den Beteiligten zu 2) und 3) zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des AG hatte sie wegen in Höhe der zu ihren Gunsten titulierten Forderung den Anteil des Beteiligten zu 3) an dem streitgegenständlichen Nachlass pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen. Die Organe der Beteiligten zu 4) wussten, dass dieser Nachlass neben einem Sparguthaben im Wesentlichen aus einem bei dem AG hinterlegten Versteigerungserlös bestand. Ebenso war ihnen bekannt, dass der Wert des Nachlasses die Höhe der bei der Nachlassteilung zu berücksichtigenden Verbindlichkeiten des Nachlasses und der zugunsten d...