Leitsatz
Zur Erstattungsfähigkeit von Fahrtkosten, die bei Abholung der Akte zur Akteneinsicht im Revisionsverfahren entstanden sind.
LG Dessau-Roßlau, Beschl. v. 30.6.2015 – 2 Ks 111 Js 24024/11
1 Sachverhalt
Der Erinnerungsführer war der ehemaligen Angeklagten als Pflichtverteidiger beigeordnet worden. Durch Urteil des LG wurde die ehemalige Angeklagte vom Vorwurf des versuchten Totschlags freigesprochen. Gegen das Urteil legten sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Nebenkläger rechtzeitig Revision ein. Die Revisionsbegründungsschriften der Staatsanwaltschaft vom 24.7.2014 und des Nebenklagevertreters vom 25.7.2014 wurden dem Verteidiger am 30.7.2014 zugestellt. Nachdem er zuletzt kurz vor dem Beginn der Hauptverhandlung am 18.3.2014 Einsicht in die Akten genommen hatte, beantragte er am 30.7.2014 per Fax erneut Akteneinsicht. Am 31.7.2014 holte eine Angestellte der Kanzlei die Akten persönlich beim LG ab und brachte sie noch am selben Tag zurück. Mit Schriftsatz vom 6.8.2014 gab der Verteidiger eine Revisionsgegenerklärung ab. Die Revision der Staatsanwaltschaft wurde zurückgenommen, die des Nebenklägers als unbegründet verworfen.
Mit seinem Kostenfestsetzungsantrag beantragte der Verteidiger neben der Festsetzung der Gebühren und notwendigen Auslagen der ehemaligen Angeklagten die Erstattung der Fahrkosten nach Nr. 7003 VV i.H.v. 18,00 EUR für die Abholung und Rückbringung der Akten am 31.7.2014 zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer.
Das LG hat die Fahrtkosten des Verteidigers zur Durchführung der Akteneinsicht im Revisionsverfahren abgesetzt, da die Fahrt nicht als notwendig erachtet wurde.
Gegen die Nichterstattung der Fahrtkosten im Revisionsverfahren wendet sich nunmehr der Verteidiger mit seiner Erinnerung. Zur Begründung führt er aus, dass er die Akten für die Revisionsgegenerklärung benötigt habe. Da die Revisionsgegenerklärung innerhalb einer Woche nach der Zustellung der Revisionsbegründung abgegeben werden müsse, sei eine Versendung der Akten aufgrund der langen Postlaufzeiten nicht mehr in Betracht gekommen, so dass er die Akten durch Mitarbeiter in seiner Kanzlei habe abholen und zurückbringen lassen.
2 Aus den Gründen
Die Erinnerung ist zulässig und teilweise auch begründet.
Der Erinnerungsführer hat einen Anspruch auf die Aktenversendungspauschale i.H.v. 12,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer i.H.v. 2,28 EUR für das Revisionsverfahren.
Nach Nr. 9003 GKG-KostVerz. beträgt die Aktenversendungspauschale für die bei der Hin-und Rücksendung der Akten anfallenden Auslagen an Transportkosten 12,00 EUR. Unerheblich ist insoweit, dass der Verteidiger bereits Akteneinsicht hatte. Wird in einem Verfahren aufgrund eines erneuten Antrags die Akte nochmals übersandt, so lässt dies auch die Aktenversendungspauschale ein weiteres Mal entstehen. Die Akteneinsicht war auch geboten, da der Verteidiger noch keine Einsicht in den Protokollband hatte, welche jedoch zur Begründung der Revisionsgegenerklärung regelmäßig erforderlich ist.
Ein über die Pauschale hinausgehender Anspruch auf Reisekosten nach Nr. 7003 VV steht dem Verteidiger jedoch gem. § 46 Abs. 1 RVG nicht zu. Es war zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit nicht erforderlich, dass der Verteidiger die Akten durch einen Mitarbeiter seiner Kanzlei mit einem Fahrzeug abholen und wieder zurückbringen ließ. Dem Verteidiger war bereits mit der Zustellung des Urteils mitgeteilt worden, dass sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Nebenkläger Revision eingelegt haben. Insofern hätte er bereits frühzeitig Akteneinsicht beantragen können, so dass ihm die Akten einschließlich des Protokollbandes mit der Post hätten übersandt werden können. In diesem Fall wäre die Aktenversendungspauschale i.H.v. 12,00 EUR angefallen, die er auch erstattet bekommt. Sofern er dies versäumt hat und deshalb durch die Fahrtkosten zur Durchführung der Akteneinsicht höhere Kosten entstanden sind, kann er diese Kosten mangels Notwendigkeit nicht ersetzt verlangen.
Entnommen von www.burhoff.de
AGS 12/2015, S. 597