Leitsatz
Ist die Festsetzung des Geschäftswerts unterblieben und begründet der Kostenschuldner sein Rechtsmittel gegen den Kostenansatz damit, dass der zugrunde gelegte Geschäftswert falsch bemessen sei, wird regelmäßig zunächst das Verfahren auf förmliche Festsetzung des Geschäftswerts in Gang gesetzt. Eine Sachentscheidung über den Kostenansatz muss so lange zurückgestellt werden.
OLG München, Beschl. v. 15.7.2016 – 34 Wx 247/16 Kost
1 Sachverhalt
Die Beteiligte zu 1) erwarb ein Wohnungserbbaurecht, verbunden mit Sondereigentum an einer Wohnung, und ein Teilerbbaurecht, verbunden mit dem Nutzungsrecht an einem Stellplatz, sowie Inventar. Als Kaufpreis war ein Gesamtbetrag von 121.000,00 EUR vereinbart, davon 2.500,00 EUR für das Inventar. Mit notariellem Kaufvertrag vom gleichen Tag verkaufte die Beteiligte zu 1) das genannte Wohnungserbbaurecht an einen Dritten zum Kaufpreis von 220.000,00 EUR weiter, wobei auch hier 2.500,00 EUR als Preis für das Inventar vereinbart waren.
Die Eintragung der Beteiligten zu 1) als Eigentümer nahm das Grundbuchamt am 24.3.2016 vor, die Auflassung an den Dritten wurde am 3.6.2016 eingetragen.
Mit Kostenrechnung v. 24.3.2016 hat das Grundbuchamt eine Eigentumsumschreibungsgebühr i.H.v. 485,00 EUR aus einem Geschäftswert von 217.500,00 EUR sowie die Katasterfortführungsgebühr von 145,50 EUR geltend gemacht.
Mit Schreiben v. 13.5.2016 macht die Beteiligte zu 1) geltend, in Anbetracht des vereinbarten Kaufpreises mit ihrem Verkäufer sei der Geschäftswert mit 118.500,00 EUR für das Wohnungserbbaurecht zu bemessen. Das Schreiben hat das Grundbuchamt als Erinnerung behandelt und diese nach Anhörung des Bezirksrevisors, des Beteiligten zu 2), zurückgewiesen. In Folge des Weiterverkaufs des Grundbesitzes am gleichen Tag sei von einem Geschäftswert von 217.500,00 EUR auszugehen. Dagegen hat die Beteiligte zu 1) Beschwerde eingelegt und gefordert, das AG möge zunächst einmal den Verkehrswert ermitteln.
Diese Beschwerde hat das Grundbuchamt dem OLG vorgelegt.
2 Aus den Gründen
1. Die Beschwerde gegen den Kostenansatz ist statthaft (§ 81 Abs. 2 GNotKG); insbesondere ist der Beschwerdewert von 200,00 EUR erreicht. Mit dem Begehren, für den Geschäftswert nur 118.500,00 EUR anzusetzen, wäre die Auflassung nämlich mit einem Betrag von 300,00 EUR, die Katasterfortführungsgebühr mit 100,00 EUR zu bemessen, so dass sich der Kostenansatz v. 24.3.2016 somit um 230,50 EUR vermindern würde.
In der Sache entscheidet der Einzelrichter des Senats (§ 81 Abs. 6 S. 1 GNotKG).
2. Die Beschwerde führt zur Zurückgabe der Sache zur Durchführung eines Geschäftswertfestsetzungsverfahrens und anschließender Entscheidung über die Kostenerinnerung im Wege der Abhilfe.
Die Vorlageverfügung und soweit in dieser konkludent eine Entscheidung zu sehen sein sollte, der Kostenbeschwerde nicht abzuhelfen, auch diese, sind schon deshalb aufzuheben, da Erinnerung wie Beschwerde die in der zugrundeliegenden Kostenrechnung getroffene immanente Bewertung des Wohnungserbbaurechts beanstanden. So wird in der Beschwerdebegründung der Wertansatz weiterhin in Frage gestellt und ausdrücklich eine förmliche Festsetzung des Geschäftswerts beantragt (§ 79 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 79 Abs. 1 S. 2 GNotKG).
Das Geschäftswertfestsetzungsverfahren wurde nach früherem Recht (§ 31 Abs. 1 KostO) schon dadurch eingeleitet, dass Erinnerung mit dem Ziel eingelegt wurde, die für die angesetzte Gebühr maßgebliche Wertfestsetzung zu ändern (OLG Hamm FGPrax 2007, 287). Eine in solcher Weise begründete Erinnerung behandelte die Rspr. als "Antrag" bzw. "Anregung" auf gerichtliche Festsetzung des Geschäftswerts (vgl. auch OLG Frankfurt v. 13.2.2003 – 20 W 35/02, juris). Die nun geltende Bestimmung des § 79 GNotKG unterscheidet sich zwar insoweit, als die Geschäftswertfestsetzung regelmäßig von Amts wegen erfolgt (§ 79 Abs. 1 S. 1 GNotKG) und ein Antrag nur dann das Verfahren auslöst, wenn ein Ausnahmefall nach § 79 Abs. 1 S. 2 GNotKG vorliegt (Korintenberg/Hellstab, GNotKG 19. Aufl., § 79 Rn 4). Indessen wird in Fällen, in denen eine Festsetzung des Geschäftswerts unterblieben ist, diese regelmäßig auf Antrag hin erfolgen müssen (vgl. Senat v. 22.4.2015 – 34 Wx 118/15; Sommerfeldt, in: Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 2. Aufl., § 79 Rn 18). Grundlage für die Eintragung war eine Auflassung. Ein Abweichen von dem im Kaufvertrag genannten Kaufpreis hätte die Festsetzung nach § 79 Abs. 1 S. 1 GNotKG erfordert. Ist dies unterblieben, dann gilt nach Einlegung eines Rechtsmittels nichts anderes als nach bisherigem Recht (vgl. Fackelmann/Otto, GNotKG, § 79 Rn 22).
Wenn das Verfahren auf förmliche Festsetzung des Geschäftswerts in Gang gesetzt und noch nicht abgeschlossen ist, muss eine Sachentscheidung über den Kostenansatz zwingend zurückgestellt werden (Fackelmann/Otto, a.a.O.). Das Verfahren auf förmliche Festsetzung des Geschäftswerts hat nämlich Vorrang gegenüber dem den Kostenansatz betreffenden Rechtsmittelverfahren nach § 81 GNotKG. Die förmliche Geschäftswertfestsetzung nach § 79 Abs. 1 GNotKG ist eine ge...