Leitsatz
Das Kostenfestsetzungsverfahren ist auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und auf die Klärung einfacher Rechtsfragen des Kostenrechts zugeschnitten. Zur Klärung materiell-rechtlicher Fragen ist dieses Verfahren nicht vorgesehen.
LG Essen, Beschl. v. 6.10.2016 – 7 T 284/16
1 Aus den Gründen
Zu Recht hat es das AG abgelehnt, den vom Beklagten zur Erstattung angemeldeten Betrag gegen den Kläger festzusetzen.
Die Beantwortung der Frage, ob der Beklagte – der trotz entsprechender Monita seitens des AG und des Klägers nichts Konkretes dazu ausgeführt hat, welchen Inhalt die angebliche Beratung und Gutachtenerstellung hatte – gem. § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO ausreichend glaubhaft gemacht hat, dass der Aufwand für die Beratung und Gutachtenerstellung zum Zwecke der Rechtsverteidigung in vorliegendem Rechtsstreit entstanden ist, kann letztlich dahinstehen.
Selbst bei Unterstellung einer Prozessbezogenheit des in Rechnung gestellten Betrages ist eine Festsetzung im Kostenfestsetzungsverfahren nicht möglich. Das Kostenfestsetzungsverfahren ist auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und auf die Klärung einfacher Rechtsfragen des Kostenrechts zugeschnitten. Zur Klärung materiell-rechtlicher Fragen ist dieses Verfahren deshalb nicht vorgesehen (BGH, Beschl. v. 23.3.2006 – V ZB 189/05, NJW 2006, 1962 (Rn 4); BGH, Beschl. v. 22.11.2006 – IV ZB 18/06, NJW-RR 2007, 422 (Rn 8)). Eine solche Prüfung materiell-rechtlicher Fragen müsste aber erfolgen, wenn im Kostenfestsetzungsverfahren eine – wie hier – nach §§ 14, 34 RVG berechnete Gebühr festgesetzt werden sollte, deren Höhe entweder von einer ausdrücklichen Vereinbarung zwischen Mandant und Rechtsanwalt oder einer Ermessensbestimmung seitens des Anwalts abhängig ist. Die Frage der Erstattungsfähigkeit einer derartigen Gebühr ist deshalb gegebenenfalls in einem ordentlichen Rechtsstreit zu klären. Eine Festsetzung im Kostenfestsetzungsverfahren ist abzulehnen (siehe z.B. OLG Rostock, Beschl. v. 17.4.2008 – 5 W 77/08, juris (Rn 10 und Rn 13); Herget, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl.,2016, § 104 Rn 21 "Außergerichtliche Anwaltskosten", § 91 Rn 13 "Ratsgebühr"; s.a. Schulz, in: MüKo zur ZPO, 5. Aufl., 2016, § 91 Rn 129).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zugelassen worden, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rspr. eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordert (§ 574 Abs. 3 ZPO).
Mitgeteilt von RA Detlef Burhoff, Münster
2 Anmerkung
Die Entscheidung ist unzutreffend. Lässt sich eine Partei, die sich selbst vertritt, prozessbegleitend anwaltlich beraten, so sind die hierdurch entstandenen Kosten grundsätzlich erstattungsfähig.
Die hier vertretene gegenteilige Auffassung ist unzutreffend. Aufwändige oder schwierige materiell-rechtliche Prüfungen sind nicht erforderlich. Der Kostenerstattungsgläubiger muss glaubhaft machen, dass und in welcher Höhe er ein Beratungshonorar gezahlt hat. Dieses Honorar ist dann erstattungsfähig bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung für eine Vertretung.
Die Gegenauffassung stellt zu Unrecht darauf ab, dass es sich bei der Ratsgebühr nach § 34 RVG um eine vereinbarte Gebühr handele, welche grundsätzlich als im Kostenfestsetzungsverfahren nicht erstattungsfähig angesehen werde, sondern gegebenenfalls im Wege eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs einzuklagen sei. Das steht auch sonst einer Erstattung nicht im Wege. Wird z.B. für die Vertretung ein Stundenhonorar vereinbart, so wird auch dieses Honorar festgesetzt, allerdings wiederum beschränkt auf die Höhe der gesetzlichen Vergütung. Wo der Unterschied liegen soll, ob ich ein Beratungs- oder ein Vertretungshonorar vereinbare, erschließt sich nicht.
Einer Angemessenheitsprüfung bedarf es hier nicht; jedenfalls bis zur Höhe der erstattungsfähigen gesetzlichen Vergütung schließt § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO nämlich insoweit eine Notwendigkeitsprüfung aus.
Die gegenteilige Rspr. verkennt, dass es sich hier um prozessbezogenen Aufwand handelt, der nach der eindeutigen Regelung des § 91 Abs. 1 ZPO festsetzungsfähig ist.
Der Kostenerstattungsschuldner soll doch froh sein, dass sein Gegner keinen Prozessvertreter, sondern nur einen kostengünstigeren Prozessberater beauftragt hat.
Angesichts dieser Rspr. wird der Anwalt wohl im Rahmen eines Beratungsmandats darauf hinweisen müssen, dass eine Kostenerstattung später fraglich sein wird, so dass ein Prozessvertretungsauftrag für den Mandanten im Falle einer Kostenerstattung günstiger ist.
Norbert Schneider
AGS 12/2016, S. 592 - 593