Die Auffassung des OLG mag zwar dem Wortlaut des Gesetzes entsprechen, nicht aber dessen Sinn und Zweck. Auch die Ermäßigungstatbestände des GKG-KostVerz. sind auslegungsfähig.[1]

Wenn schon bei einem Urteil der Verzicht auf Tatbestand und Entscheidungsgründe (§ 313a Abs. 2 S. 1 ZPO) zur Gebührenermäßigung führt, muss das erst recht für isolierte Kostenbeschlüsse gelten.

Hätten die Parteien die Sache durch Urteil entscheiden lassen und auf Tatbestand und Entscheidungsgründe verzichtet, dann hätte das Gericht auch über die Kosten entscheiden müssen. Ersparen die Parteien dem Gericht das Urteil, weil sie sich insoweit vergleichen, dürfen sie nicht schlechter gestellt werden.

Die vom OLG Düsseldorf vertretene Auffassung ist auch widersinnig und widerspricht dem Sinn und Zweck der Ermäßigungsvorschriften, die zu einer Entlastung des Gerichts führen sollen. Hätten die Parteien den Rechtsstreit bis auf einen Cent verglichen und im Übrigen in der Hauptsache für erledigt erklärt und hätten sie hinsichtlich des Urteils über den einen Cent auf Tatbestand und Entscheidungsgründe verzichtet, wäre unstreitig die Gebührenermäßigung insgesamt eingetreten. Dann ist es aber nicht nachvollziehbar, dass die Ermäßigung nicht eintreten soll, wenn die Parteien dem Gericht die Entscheidung über den einen Cent auch noch ersparen.

Die Entscheidung des OLG würde geradezu einen Anreiz schaffen, sich nicht vollständig zu vergleichen, um sich durch den dann möglichen Verzicht auf Tatbestand und Entscheidungsgründe den Genuss der Gerichtskostenermäßigung zu erhalten.

Norbert Schneider

AGS 12/2016, S. 575 - 576

[1] OLG München AGS 2015, 226 = JurBüro 2015, 491 = NJW-Spezial 2015, 379 = NJW 2015, 1765.

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