1. Prozessuale Ausgangslage
Mit dem 2. KostRMoG ist in Anm. Abs. 1 Nr. 4 zu Nr. 4141 VV eine weitere Variante der Zusätzlichen Gebühr eingeführt worden. Danach erhält der Anwalt auch dann eine Zusätzliche Gebühr, wenn er daran mitwirkt, dass der Einspruch gegen einen Strafbefehl auf die Höhe der Tagessätze beschränkt wird und das Gericht sodann aufgrund der Zustimmung des Angeklagten, des Verteidigers und der Staatsanwaltschaft darüber im schriftlichen Verfahren nach § 411 Abs. 1 S. 3 StPO entscheidet. Vor Inkrafttreten des 2. KostRMoG hatte die Rspr. zum Teil insoweit bereits eine analoge Anwendung der Nr. 4141 VV befürwortet, zum Teil jedoch auch abgelehnt.
Ist gegen den Mandanten ein Strafbefehl ergangen und will dieser sich nur gegen die Höhe der Tagessätze wenden, nicht auch gegen seine Bestrafung als solche und die Anzahl der Tagessätze, kann er einen beschränkten Einspruch einlegen, der sich nur auf die Höhe der Tagessätze bezieht. In diesem Fall kann das Gericht nach § 411 Abs. 1 S. 3 StPO über die Höhe der angefochtenen Tagessätze ohne Hauptverhandlung entscheiden, wenn auch die Staatsanwaltschaft zustimmt.
Ein solches Vorgehen bietet sich insbesondere in Trunkenheitssachen an, in denen je nach Region und Umfang der Tat standardmäßig eine bestimmte Anzahl von Tagessätzen verhängt wird und der Mandant in der Regel kaum Aussichten hat, von der Anzahl der verhängten Tagessätze herunterzukommen.
Anders verhält es sich dagegen bei der Höhe des Tagessatzes, da sich die Höhe des Tagessatzes nach den individuellen Einkommensverhältnissen des Betroffenen richtet (§ 46 Abs. 1 S. 2 StGB).
Häufig wird das Einkommen im Strafbefehlsverfahren geschätzt. Mitunter hat der Mandant auch bei seiner ersten Vernehmung zu hohe Angaben zu seinen Einkünften gemacht, etwa weil er Unterhaltspflichten nicht berücksichtigt hat, o.ä.
Abgesehen davon ist für die Höhe des Tagessatzes der Zeitpunkt des Erlasses des Strafbefehls maßgebend. Nicht selten kommt es vor, dass ein Beschuldigter in Folge der Trunkenheitsfahrt nicht nur seine Fahrerlaubnis verloren hat, sondern auch seine Arbeitsstelle, so dass sich die Einkommensverhältnisse zwischenzeitlich deutlich reduziert haben.
Die Beschränkung des Einspruchs auf die Höhe der Tagessätze und die Entscheidung hierüber im schriftlichen Verfahren erspart dem Anwalt erhebliche Zeit, da er nicht zum Termin anreisen muss. Auch dem Gericht wird die Arbeit der Hauptverhandlung und ihrer Vorbereitung erspart. Der Richter kann im Beschlusswege schriftlich entscheiden.
2. Die Vergütung
Erreicht der Anwalt, dass auf den beschränkten Einspruch hin im schriftlichen Verfahren entschieden wird, erhält er nach der neuen Variante der Anm. Abs. 1 Nr. 4 zu Nr. 4141 VV eine Zusätzliche Gebühr.
An die Mitwirkung des Anwalts werden keine hohen Anforderungen gestellt. Allein dass der Anwalt das Einverständnis seines Mandanten und sein eigenes mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt, genügt bereits als Mitwirkung. In der Regel wird der Anwalt darüber hinaus das schriftliche Verfahren bei Gericht anregen.
Der Anwalt verliert dann zwar die Terminsgebühr für die ansonsten zwingend durchzuführende Hauptverhandlung, die einen höheren Rahmen vorsieht; allerdings dürfte bei einem beschränkten Einspruch auf die Höhe der Tagessätze in der Regel kaum die Mittelgebühr für eine Hauptverhandlung durchzusetzen sein, da die Hauptverhandlung in diesem Fall nur einen geringen Aufwand bereitet. Die Tat als solche wird nicht verhandelt, sondern nur die Höhe des Tagessatzes. Abgesehen davon dürfte der "Gebührenverlust" durch den damit verbundenen Zeitgewinn mehr als kompensiert sein.
Beispiel
Gegen den Beschuldigten ergeht ein Strafbefehl wegen einer Trunkenheitsfahrt. Verhängt werden 30 Tagessätze zu jeweils 60,00 EUR. Der Verteidiger legt Einspruch ein und beschränkt diesen auf die Höhe des Tagessatzes, da der Beschuldigte Auszubildender ist und monatlich lediglich 600,00 EUR netto zur Verfügung hat. Das Gericht ist bereit, die Höhe des Tagessatzes auf 20,00 EUR zu beschränken und bietet an, mit dieser Maßgabe im schriftlichen Verfahren nach § 411 Abs. 1 S. 3 StPO zu entscheiden. Der Verteidiger stimmt nach Beratung des Beschuldigten zu.
Ausgehend jeweils von der Mittelgebühr ist wie folgt abzurechnen:
I. Vorbereitendes Verfahren |
1. |
Grundgebühr, Nr. 4100 VV |
|
200,00 EUR |
2. |
Verfahrensgebühr, Nr. 4104 VV |
|
165,00 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
385,00 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
73,15 EUR |
|
Gesamt |
|
485,15 EUR |
II. Erstinstanzliches Verfahren vor dem Amtsgericht |
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 4106 VV |
|
165,00 EUR |
2. |
Zusätzliche Gebühr, Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 4 zu Nr. 4141, Nr. 4106... |