GKG § 63
Leitsatz
Eine Festsetzung des Streitwertes nach Zeitabschnitten ist unzulässig. Es ist vielmehr ein einheitlicher Streitwert für das gesamte Verfahren festzusetzen. Soweit sich Anwaltsgebühren nach abweichenden Werten berechnen, ist insoweit eine Festsetzung von Amts wegen ebenfalls nicht zulässig. Eine solche Festsetzung ist dem gesonderten Verfahren nach § 33 RVG vorbehalten.
LG Mainz, Beschl. v. 4.10.2018 – 1 O 264/16
1 Sachverhalt
Nach Beendigung des Rechtsstreits hatte das LG den Streitwert für die Zeit bis zum 27.12.2016 auf 37.194,63 EUR festgesetzt, für die Zeit vom 28.12.2016 bis zum 20.11.2017 auf 29.866,35 EUR und für die Zeit ab dem 21.7.2014 auf 34.866,35 EUR. Hiergegen hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, dass eine Wertfestsetzung nach Zeitabschnitten unzulässig sei. Das Gericht habe vielmehr einen einzigen Gesamtwert festzusetzen. Das Gericht hat der Beschwerde abgeholfen und den Streitwert auf insgesamt 42.194,63 EUR festgesetzt.
2 Aus den Gründen
Eine zeitlich gestaffelte Streitwertfestsetzung hat für die Gerichtsgebühren nicht zu erfolgen, da die Streitwertfestsetzung gem. § 63 Abs. 2 S. 1 GKG lediglich der Bemessung der Gerichts- gebühren dient. Die Terminsgebühr des Rechtsanwalts kann sich zwar nach einem niedrigeren Wert zum Zeitpunkt des Termins richten; dann liegt jedoch ein Fall des § 33 Abs. 1 Alt, 1 RVG vor (im Anschluss an LAG Baden-Württemberg, AGS 2014, 562; OLG München, Beschl. v. 13.12.2016 – 15 U 2407/16).
3 Anmerkung
Die Entscheidung ist zutreffend. Nach § 63 Abs. 2 GKG hat das Gericht bei Abschluss des Verfahrens den Wert für die zu erhebenden Gerichtsgebühren festzusetzen, sofern diese sich nach dem Wert berechnen, was hier der Fall war. Da im gesamten erstinstanzlichen Verfahren aber nur eine einzige Gerichtsgebühr anfällt, sei es zum Gebührensatz von 3,0 (Nr. 1210 GKG-KostVerz.) oder zu 1,0 (Nr. 1211 GKG-KostVerz.), kann auch nur ein Streitwert festgesetzt werden. Eine einzige Gebühr kann sich nicht nach verschiedenen Streitwerten berechnen. Gleichwohl sind gestaffelte Wertfestsetzungen der Gerichte nach wie vor an der Tagesordnung. Solche gestaffelten Wertfestsetzungen haben auch keinen Nutzen, weil sich daraus gerade nicht ergibt, welcher Wert nunmehr für die Gerichtsgebühr gilt. Dies zeigt sich besonders deutlich an vorliegendem Fall. Der Streitwert eines Verfahrens bemisst sich nämlich nach der Summe aller im Laufe des Rechtsstreits anhängig gemachter Gegenstände. Werden – wie hier – Anträge zurückgenommen und neue Anträge eingeführt, dann führt dies zu einer Addition der einzelnen Werte, die aber nicht abgebildet wird, wenn man nach Zeitabschnitten festsetzt. Der letztlich zutreffend festgesetzte maßgebliche (Gesamt-)Wert hätte nämlich aus den zeitanteiligen Werten niemals ermittelt werden können, da sich daraus nicht ergibt, inwieweit sich die "Zeitwerte" überlagern.
1. Grundsätzlich werden in demselben Verfahren und Rechtszug die Werte mehrerer wirtschaftlich nicht identischer Streitgegenstände zusammengerechnet. Unstreitig ist das für den Fall, dass die Streitgegenstände gleichzeitig, nebeneinander geltend gemacht werden.
2. Eine Zusammenrechnung nach § 39 Abs. 1 GKG setzt aber nicht voraus, dass die Streitgegenstände gleichzeitig geltend gemacht werden. Die Vorschrift ordnet nach ihrem Wortlaut die Zusammenrechnung der Werte aller Streitgegenstände in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug an. Eine Begrenzung auf gleichzeitig anhängige Ansprüche findet im Wortlaut keine Stütze. Eine Ausnahmevorschrift wie § 45 GKG fehlt hierfür.
OLG München, Beschl. v. 13.12.2016 – 15 U 2407/16
Soweit für die Anwaltsgebühren ggfs. abweichende Werte gelten, etwa für die Terminsgebühr ein geringerer Wert, ist dies im Wertfestsetzungsverfahren nach § 63 GKG unerheblich, da hier der Wert nur für die Gerichtsgebühren festgesetzt wird. Soweit die beteiligten Anwälte oder ihre Parteien der Auffassung sind, für bestimmte Anwaltsgebühren würde ein abweichender Wert gelten, ist dieser Wert im gesonderten Verfahren nach § 33 Abs. 1 RVG festzusetzen und zwar nur auf Antrag, niemals von Amts wegen. In einem solchen Festsetzungsverfahren ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren. So ist es durchaus möglich, dass zwar nur nach einem geringeren Gegenstandswert (etwa nach einer Klagerücknahme) verhandelt wird. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass sich die Terminsgebühr damit auch nach diesem geringeren Wert richtet. Es ist durchaus möglich, dass die Parteien zuvor eine Besprechung zur Erledigung des Verfahrens geführt haben (Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV), die gerade zu dieser Erledigung geführt und damit die volle Terminsgebühr ausgelöst hat.
Norbert Schneider
AGS 12/2018, S. 571 - 572