GKG §§ 22 Abs. 1 S. 2, 66 Abs. 2 S. 1; ZPO § 700 Abs. 3 S. 1
Leitsatz
Der Gesetzesbegründung lässt sich für eine analoge Anwendung des § 22 Abs. 1 S. 2 GKG auf den Fall eines allein vom Antragsgegner gestellten Antrags auf Durchführung des streitigen Verfahrens nach Widerspruch gegen den Mahnbescheid nichts entnehmen.
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 9.7.2018 – 13 W 57/18
1 Aus den Gründen
1. Die gem. § 66 Abs. 2 S. 1 GKG statthafte und auch i.Ü. zulässige Beschwerde der Klägerin [Anm. der Schriftleitung: Gemeint ist wohl "der Beklagten"] hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das LG die Beklagte als Kostenschuldnerin der nach der allein auf ihren Antrag hin erfolgten Abgabe an das Streitgericht entstandenen Kosten des streitigen Verfahrens (Nr. 1210 GKG-KostVerz.) angesehen. Zur Begründung wird vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen des LG im angefochtenen Beschluss Bezug genommen. Die Beschwerdebegründung rechtfertigt keine andere Beurteilung:
Die Gesetzesbegründung zu § 49 GKG a.F. (§ 22 Abs. 1 S. 2 GKG n.F.) nimmt ausdrücklich nur auf den gesetzlich geregelten Fall der Kostenschuldnerschaft des Antragstellers des Mahnverfahrens nach ergangenem Vollstreckungsbescheid und erfolgtem Einspruch Bezug. Für eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 22 Abs. 1 S. 2 GKG auf den Fall eines allein vom Antragsgegner gestellten Antrags auf Durchführung des streitigen Verfahrens nach Widerspruch gegen den Mahnbescheid lässt sich dieser Gesetzesbegründung nichts entnehmen. Vielmehr geht, wie das LG zutreffend und von der Beschwerde inhaltlich nicht angegriffen ausgeführt hat, gerade auch die Gesetzesbegründung von zwei verschiedenen kostenrechtlichen Verfahren aus, indem § 49 S. 2 GKG a.F. "die umstrittene Frage klärt, wer als Antragsteller der Instanz anzusehen ist, wenn nach dem Mahnverfahren nach Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid eine kostenrechtlich neue Instanz in Form des Streitverfahrens folgt" und den "Antragsteller im kostenrechtlichen Sinne (bei Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid) demjenigen im verfahrensrechtlichen Sinne gleich" stellt. Die Interessenlage nach Widerspruch gegen den Mahnbescheid ist, wie das LG ebenso zutreffend ausgeführt hat, mit der nach Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid insofern nicht vergleichbar, als der den Widerspruch führende Antragsgegner ohne Weiteres zuwarten kann, ob der Antragsteller nach Widerspruch gegen den Mahnbescheid überhaupt in das streitige Verfahren übergeht, wodurch die weiteren Kosten der Nr. 1210 GKG-KostVerz. erst entstehen. Anders als beim Vollstreckungsbescheid besteht nach einem bloßen Widerspruch gegen den Mahnbescheid noch kein Titel, aufgrund dessen der Antragsteller trotz Einspruchs vollstrecken kann, weshalb das Gesetz in § 700 Abs. 3 S. 1 ZPO für den Fall des Einspruchs gegen den Vollstreckungsbescheid auch die zwingende Abgabe der Sache an das Streitgericht vorsieht. Die Beschwerdebegründung verfängt auch nicht, soweit sie meint – wie es auch das KG Berlin im Beschl. v. 20.10.2017 – 5 AR 13/17 [= AGS 2018, 18] und das OLG Koblenz im Beschl. v. 16.3.2015 – 14 W 162/15 [= AGS 2015, 397] gegen die vom LG umfassend zitierte h. M. Meinung in der Rspr. und Lit. (s. Beschl. v. 11.6.2018, S. 3 u.) vertreten –, angesichts der Gesetzesbegründung werde der Nachlässige bestraft, der anders als der Einspruchsführer gegen einen Vollstreckungsbescheid bereits Widerspruch gegen den Mahnbescheid erhoben hat. Denn auch der "zuverlässige" Widerspruchsführer gegen den Mahnbescheid hat es selbst in der Hand, ob er es bei einem bloßen Widerspruch belässt und einen Antrag des Antragstellers auf Abgabe an das Streitgericht abwartet oder ob er – insofern, wie es die herrschende Meinung (s.o.) sieht, die "Angreiferrolle" übernehmend – selbst die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragt.
Nach allem hat die Beschwerde in der Sache keinen Erfolg.
2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 66 Abs. 8 GKG. Die Wertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO. Eine Möglichkeit der Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht gem. § 66 Abs. 3 S. 3 GKG nicht.
2 Anmerkung
Wird gegen einen Mahnbescheid Widerspruch eingelegt worden, so steht nach § 696 Abs. 1 ZPO beiden Parteien die Möglichkeit offen, nunmehr die Durchführung des streitigen Verfahrens zu beantragen. Daher kann also auch der Antragsgegner den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens stellen. Strittig ist, wer für die weiteren Gerichtskosten des gerichtlichen Verfahrens haftet, wenn der Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens vom Antragsgegner gestellt wird.
I.
Hat der Antragsteller einen Mahnbescheid erwirkt und hat der Antragsgegner hiergegen Widerspruch eingelegt, ist das Mahnverfahren damit beendet. Eine Klärung der vermeintlichen Ansprüche und auch eventueller Kostenerstattungsansprüche kann nur im streitigen Verfahren vor dem Prozessgericht herbeigeführt werden. Hierzu steht dem Antragsteller das Recht zu, nach Widerspruch nunmehr gem. § 696 Abs. 1 ZPO die Abgabe an das Prozessgericht und die Durchführung des streitig...