RVG § 15 Abs. 2

Leitsatz

Es ist auch dann von mehreren Angelegenheiten auszugehen, wenn der Anwalt aus demselben Verkehrsunfall Schadensersatzansprüche für mehrere Geschädigte geltend macht. Das gilt auch dann, wenn der Rechtsanwalt Mutter und Tochter vertritt.

AG Augsburg, Urt. v. 19.7.2019 – 20 C 1003/19

1 Aus den Gründen

Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung weiterer 83,54 EUR gem. §§ 7, 17 StVG, §§ 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, §§ 249, 398 BGB.

Der Kläger ist auch aktivlegitimiert aufgrund der vorgelegten Abtretungserklärungen der Mandantinnen. Soweit die Beklagte vorträgt, dass davon ausgegangen werden, dass eine Rechtsschutzversicherung die Kosten der anwaltlichen Vertretung übernommen habe, handelt es sich lediglich um eine Spekulation, die jedoch von der Beklagtenseite nicht belegt wird.

Vorliegend handelt es sich nicht um eine einheitliche Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG, da zumindest kein einheitlicher Auftrag vorliegt, auch wenn die Ansprüche aus demselben Verkehrsunfallgeschehen herrühren. Die Aufträge wurden an unterschiedlichen Tagen erteilt. Allein dies rechtfertigt die Annahme von getrennten Aufträgen. Nur weil die Mandanten Mutter und Tochter sind, kann nicht gefolgert werden, dass diese auch mit der gemeinsamen Geltendmachung der Forderungen einverstanden sind. Der Anwalt dürfte also nicht von sich aus aufgrund seiner Verschwiegenheitsverpflichtung auch die Ansprüche in einem Verfahren führen.

Der BGH (Urt. v. 21.6.2011 – VI ZR 73/10 = NJW 2011, 3671 ff.) hat für die Frage der Abmahnung zweier Geschädigter aus demselben Lebenssachverhalt entschieden, dass eine zeitgleiche Auftragserteilung nicht erforderlich ist. Jedoch unterscheidet sich der Fall von vorliegendem dadurch, dass in Bezug auf die Tätigkeit zwar derselbe Sachverhalt zur Haftung dem Grunde nach zugrundeliegt, jedoch im Hinblick auf die Haftung der Höhe nach unterschiedliche Prüfungsaufgaben durch den Anwalt zu erledigen sind. Es handelt sich schlichtweg um zwei Personen, die Ansprüche geltend machen und den Auftrag an unterschiedlichen Tagen erteilt haben. Dies führt dazu, dass auch keine einheitliche Angelegenheit vorliegt (so auch: Mayer/Kroiß, § 15 RVG, Rn 72; Hartung/Schons/Enders, § 15 RVG, Rn 132).

2 Anmerkung

Die Entscheidung ist zutreffend.

Ebenso:

  AG Hannover (Eheleute),[1]
  AG Mülheim,[2]
  AG Landshut,[3]
  LG Passau (Eheleute),[4]
  AG Bielefeld (Kind und Elternteil)[5],
  AG Passau (Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft),[6]
  AG Aichach (verschiedene Fahrzeugeigentümer),[7]
  AG Bochum (Eheleute),[8]
  AG Weilburg (Fahrer als Arbeitnehmer des Fahrzeugeigentümers),[9]
  AG Lörrach (Eheleute).[10]

Rechtsanwalt Norbert Schneider

AGS 12/2019, S. 550 - 551

[1] Urt. v. 29.8.2011 – 526 C 3807/11.
[2] AGS 2012, 375 m. Anm. Schons = NZV 2014, 48 = NJW-Spezial 2012, 507.
[3] AGS 2015, 542.
[4] NJW-RR 2015, 1216 = NZV 2016, 38 = NJW-Spezial 2015, 509.
[5] Urt. v. 29.9.2017 – 401 C 158/17.
[6] AGS 2016, 2 = NJW-Spezial 2016, 60.
[7] AGS 2016, 205 = zfs 2016, 347 m. Anm. Hansens = RVGreport 2016, 176.
[8] AGS 2016, 506 = zfs 2016, 349 = RVGreport 2016, 217.
[9] AGS 2019, 264 = NJW-Spezial 2019, 445.
[10] AGS 2019, 355 = zfs 2019, 406 = RVGreport 2019, 253.

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