FamGKG § 45 Abs. 3
Leitsatz
- Nicht jede Abweichung vom Durchschnittsfall, sondern erst eine solche von erheblichem Gewicht kann eine Unbilligkeit i.S.d. § 45 Abs. 3 FamGKG begründen.
- Für die kostenrechtliche Beurteilung des Umfangs und der Schwierigkeit der Sache als Bewertungskriterium innerhalb des § 45 Abs. 3 FamGKG zählt der gerichtliche Aufwand, nicht der der Beteiligten oder ihrer Anwälte.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 19.8.2020 – 13 WF 134/20
1 Sachverhalt
Der beschwerdeführende Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers erstrebt die Heraufsetzung des Verfahrenswertes für eine Umgangssache vom Regelstreitwert auf 10.000,00 EUR.
Das knapp drei Jahre dauernde Verfahrens sei zunächst bei einem unzuständigen AG eingeleitet, habe sich über vier Anhörungstermine erstreckt, seine Handakte umfasse rund 400 Seiten mit zahlreichen Schriftsätzen und der auf eine Einigung der Eltern zurückgehende verfahrensabschließende Beschluss weise 14 Punkte aus.
Das AG hat den Verfahrenswert im Abhilfeverfahren mit Teilabhilfebeschluss, auf den der Senat wegen dessen Einzelheiten verweist, auf 5.000,00 EUR heraufgesetzt und die Sache i.Ü. dem Senat vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Die nach § 59 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 57 FamGKG sowie § 32 Abs. 2 RVG statthafte und auch i.Ü. zulässige Beschwerde bleibt, soweit sie hier noch angefallen ist, ohne Erfolg. Der Senat entscheidet nach § 57 Abs. 5 S 1 FamGKG als Einzelrichter.
Das AG hat die Verfahrensdauer, die Anzahl der Termine und den Regelungsgehalt seines Umgangsbeschlusses zutreffend als besondere Umstände i.S.d. § 45 Abs. 3 FamGKG in sein Festsetzungsermessen für eine Werterhöhung einbezogen und jedenfalls nicht zulasten des Beschwerdeführers unterbewertet, zumal noch nicht jede Abweichung vom Durchschnittsfall, sondern erst eine solche von erheblichem Gewicht eine Unbilligkeit begründen kann (vgl. BeckOK KostR/Neumann, 30. Ed. 1.6.2020, FamGKG § 45 Rn 38 m.w.N.).
Für die Beurteilung des Umfangs und der Schwierigkeit der Sache als Bewertungskriterium zählt der gerichtliche Aufwand, nicht der der Beteiligten oder ihrer Anwälte (vgl. BeckOK KostR/Neumann, 30. Ed. 1.6.2020, FamGKG § 45 Rn 40 m.w.N.). Der vom AG zu verarbeitende Sach- und Streitstoff war, verteilt auf mehrere hundert Seiten, allerdings schon überdurchschnittlich, wenngleich nicht einmal ein vielfach und typischerweise einzuholendes Sachverständigengutachten erforderlich war. Die regelungsbedürftigen Umgangsmodalitäten entsprechen häufig anzutreffenden Fallgestaltungen bei konfliktbehafteten Eltern.
Auch scheiden besonders gute wirtschaftliche Verhältnisse der Beteiligten als denkbare erleichternde Umstände für eine Werterhöhung aus.
AGS 12/2020, S. 581 - 582