1. Entstehung der Gebühren
In dem Verfahren nach § 35 FamFG entsteht eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV, weil es sich um eine Vollstreckungsangelegenheit handelt. Die Gebühr entsteht bereits mit Entgegennahme der Information (Vorbem. 3 Abs. 2 VV). Wird der Anwalt, egal, ob er bereits im Hauptverfahren mandatiert wurde, mit der Durchführung des Zwangsmittelverfahrens beauftragt, so fällt hierfür bereits die 0,3-Verfahrensgebühr der Nr. 3309 VV an. Eine Reduzierung der Gebühr findet auch dann nicht statt, wenn der Auftrag vorzeitig beendet wird. Es bleibt damit sowohl für die Entstehung der Gebühr als auch ihre Höhe unerheblich, ob der Anwalt nach außen in Erscheinung getreten ist, z.B. Anträge bei Gericht gestellt hat.
Neben der Verfahrensgebühr kann eine 0,3-Terminsgebühr nach Nr. 3310 VV anfallen. Da die Gebühr gem. der Anm. zu Nr. 3310 VV nur entsteht für die Teilnahme an einem gerichtlichen Termin, einem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft oder zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung, fällt die Terminsgebühr nur an, wenn in dem Vollstreckungsverfahren tatsächlich ein solcher Termin stattgefunden hat. Ergeht nur eine schriftliche Entscheidung, entsteht die Gebühr nicht, da zum einen eine der Anm. Abs. 1 zu Nr. 3104 VV entsprechende Regelung fehlt und zum anderen in dem Zwangsmittelverfahren gem. § 128 Abs. 4 ZPO eine mündliche Verhandlung nicht obligatorisch vorgeschrieben ist. Zwar ist dem Verpflichteten vor der Festsetzung rechtliches Gehör zu gewähren, jedoch geschieht dies zumeist schriftlich.
2. Verhältnis zum Hauptsacheverfahren
Im Verhältnis zu dem Verfahren, in dem die gerichtliche Entscheidung, mit der die Verpflichtung zur Vornahme oder Unterlassung einer Handlung ausgesprochen wurde, handelt es sich wegen § 18 Abs. 1 Nr. 21 RVG um eine besondere Angelegenheit. Für das Zwangsmittelverfahren entsteht deshalb stets eine gesonderte Vergütung, sodass die dort verdienten Gebühren nach Nrn. 3309, 3310 VV sowie die Postpauschale der Nr. 7002 VV neben der im Hauptverfahren entstandenen Vergütung anfallen.
Beispiel
In einem Scheidungsverbundverfahren ist neben der Scheidungssache die Folgesache Versorgungsausgleich anhängig. Da der Antragsgegner beim Versorgungsausgleich nicht mitwirkt, erlässt das Gericht eine Mitwirkungsanordnung und weist auf die Folgen der Zuwiderhandlung hin. Das Gericht erlässt später einen Beschluss, mit dem ein Zwangsgeld von 1.000,00 EUR festgesetzt wird.
Der Antragsgegner arbeitet schließlich in der Folgesache mit. Im Verbundverfahren ergeht Endentscheidung. Der Wert wird hier für das gesamte Verbundverfahren auf 18.000,00 EUR festgesetzt.
Der Anwalt des Antragsgegners kann folgende Vergütung geltend machen:
I. Hauptverfahren (Scheidungsverbund) |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
904,80 EUR |
|
(Wert: 18.000,00 EUR) |
|
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
835,20 EUR |
|
(Wert: 18.000,00 EUR) |
|
3. |
Postpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
16 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
281,60 EUR |
|
Gesamt |
2.041,60 EUR |
II. Zwangsmittelverfahren nach § 35 FamFG |
1. |
0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV |
24,00 EUR |
|
(Wert: 1.000,00 EUR) |
|
2. |
Postpauschale, Nr. 7002 VV |
4,80 EUR |
3. |
16 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
4,61 EUR |
|
Gesamt |
33,41 EUR |
|
Gesamt I. + II. |
2.075,01 EUR |
3. Mehrere Zwangsmittel
Werden gegen den Verpflichteten mehrere Zwangsmittel festgesetzt, so liegt dennoch nur eine gebührenrechtliche Angelegenheit vor. Das Verfahren ist erst dann beendet, wenn der Verpflichtete seiner angeordneten Verpflichtung nachgekommen ist. Gebühren fallen deshalb nicht gesondert an.
Dies entspricht der Rechtslage zu den Zwangsmittelverfahren nach § 18 Abs. 1 Nr. 13 RVG, weil auch in § 18 Abs. 1 Nr. 21 RVG, der die Verfahren nach § 35 FamFG umfasst, anders als in § 18 Abs. 1 Nr. 14 RVG, welcher die Ordnungsmittelverfahren nach § 890 ZPO betrifft, nicht ausdrücklich bestimmt ist, dass "jede Verurteilung" die Gebühren (gesondert) auslöst. Zu § 18 Abs. 1 Nr. 13 RVG und den davon erfassten Zwangsmittelverfahren nach § 888 ZPO hat der BGH nunmehr eindeutig entscheiden, dass die mehrfache Beantragung von Zwangsmitteln eine einzige Angelegenheit darstellt. Daraus folgt, dass die Verfahrensgebühr der Nr. 3309 VV nur einmal entsteht und ein wiederholter Zwangsmittelantrag keine weitere Gebühr auslöst. In seiner Begründung hat der BGH ausgeführt, dass sich diese Auffassung zu Recht auf den Wortlaut des § 18 Abs. 1 Nr. 13 RVG stützen könne, der dafür spreche, das gesamte Verfahren der Vollstreckung nach § 888 ZPO als Einheit anzusehen, welches pauschal alle Tätigkeiten abdecke, wozu auch die mehrfache Erwirkung der Verurteilung zu Zwangsgeld oder Zwangshaft gehöre. Zudem unterscheide sich der Wortlaut von § 18 Abs. 1 Nr. 13 RVG für die Zwangsmittel nach § 888 ZPO eindeutig von § 18 Abs. 1 Nr. 14 RVG, der für die Ordnungsmittel nach § 890 ZPO ausdrücklich auf "jede Verurteilung" abstelle. Die Auffassung werde zudem durch die historische Auslegung gestützt. Die BGH-Rspr. ist auf die Verfahren nach § 35 FamFG entsprechend anzuwenden, da § 18 Abs. 1 Nr. 21 RVG denselben Regelungsinhalt besitzt.
Da im Regelf...