RVG § 16 Nr. 10; RVG VV Nr. 3500
Leitsatz
Wird der sofortigen Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss abgeholfen und wird gegen die Abhilfeentscheidung sodann Erinnerung eingelegt, liegen zwei verschiedene Angelegenheiten vor. Die Vorschrift des § 16 Nr. 10 RVG ist auf diesen Fall nicht anwendbar.
AG Siegburg, Beschl. v. 17.7.2020 – 104 C 83/18
1 Sachverhalt
Der Kläger hatte gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss v. 4.11.2019 am 17.11.2019 sofortige Beschwerde erhoben, da das Gericht die Kosten des vorangegangenen Beweisverfahrens nicht berücksichtigt hatte. Das Gericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschl. v. 21.1.2020 abgeholfen und antragsgemäß festgesetzt. Zugleich hat es ausgesprochen, dass die Kosten des Beschwerdeverfahrens gegeneinander aufgehoben würden. Gegen diese Kostenentscheidung hat der Kläger sodann unter dem 24.1.2020 Erinnerung eingelegt und darauf hingewiesen, dass eine sofortige Beschwerde in vollem Umfang Erfolg gehabt habe, sodass die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beklagten aufzuerlegen seien. Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung abgeholfen und mit Beschl. v. 28.2.2020 die Kosten des sofortigen Beschwerdeverfahrens dem Beklagten auferlegt (AG Siegburg AGS 2020, 202). Eine Kostenentscheidung im Erinnerungsverfahren hat die Rechtspflegerin nicht getroffen. Daraufhin beantragte der Kläger, die Erinnerungsentscheidung um eine Kostenentscheidung zu ergänzen, was die Rechtspflegerin ablehnte. Sie berief sich auf § 16 Nr. 10 RVG und war der Auffassung, dass das Erinnerungsverfahren und das sofortige Beschwerdeverfahren eine einzige Angelegenheit seien, sodass bereits eine Kostenentscheidung zugunsten des Klägers vorliege (AG Siegburg, Beschl. v. 10.6.2020 – 104 C 83/18, NJW-Spezial 2020, 445). Die hiergegen erhobene Erinnerung hatte Erfolg. Der Abteilungsrichter hat die Rechtspflegerin angewiesen, die beantragte Ergänzung vorzunehmen.
2 Aus den Gründen
Nach § 18 Nr. 3 RVG ist jedes Beschwerdeverfahren, jedes Verfahren über eine Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss und jedes Verfahren über eine Erinnerung gegen eine Entscheidung des Rechtspflegers in Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 VV richten, eine besondere Angelegenheit. Diesen Grundsatz schränkt § 16 Nr. 10 RVG für das Kostenfestsetzungs- und das Kostenansatzverfahren ein. Nach § 16 Nr. 10 RVG sind mehrere Erinnerungen oder Beschwerden, die im Kostenfestsetzungs- oder im Kostenansatzverfahren durchgeführt werden, dieselbe – gebührenrechtliche – Angelegenheit. Kostenfestsetzungs- und Kostenansatzverfahren jeweils getrennt zu betrachten (Gerold/Schmidt, Rn 118 zu § 16).
Der Klägervertreter dringt mit seinem Antrag durch, dass auch die Kosten des Erinnerungsverfahrens dem Beklagten aufzuerlegen sind. Dem Antrag steht nicht die Regelung des § 16 Nr. 10 RVG entgegen. Zwar richtete sich die sofortige Beschwerde des Klägers vom 17.11.2019 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 4.11.2019 und auch die Erinnerung des Klägers vom 24.1.2020 richtete sich gegen den nach seiner abgeholfenen sofortigen Beschwerde erlassenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28.2.2020. Es handelte sich aber nicht um dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 16 Nr. 10 RVG. Beide Rechtsmittel richten sich zwar gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss. Dabei ist es grds. unerheblich, dass sowohl sofortige Beschwerde als auch Erinnerung eingelegt worden ist. Denn die Art des Rechtsbehelfs i.S.d. § 16 Nr. 10 RVG kann dahinstehen. Allein entscheidend ist, wie im Beschl. v. 10.6.2020 ausgeführt, dass sich beide Rechtsbehelfe gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss richten. In einem gerichtlichen Verfahren gibt es bezüglich der Kostenfestsetzung nur ein einziges Beschwerde- oder Erinnerungsverfahren, selbst wenn sich mehrere Beschwerden oder Erinnerungen gegen mehrere Kostenfestsetzungsbeschlüsse richten. Der Charakter als nur eine Angelegenheit kann sich nicht dadurch ändern, dass wegen des geringeren Beschwerdewerts nur noch eine Erinnerung gegeben ist (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 24. Aufl., 2019, RVG, § 16 Rn 125). Andernfalls wäre der Sinn und Zweck des § 16 Nr. 10 RVG ausgehebelt.
Allerdings ist vorliegend zu berücksichtigen, dass sich die Erinnerung zwar auch gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss richtet, hingegen aber nicht gegen die Festsetzung der Kosten der Hauptsache. Erfolgt aufgrund des Beschlusses über eine Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss eine Kostenfestsetzung hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens und wird auch gegen diese erneute – ggf. unterbliebene – Kostenfestsetzung sofortige Beschwerde bzw. Erinnerung eingelegt, so ist eine zweite Angelegenheit i.S.d. § 16 Nr. 10 RVG gegeben. Denn es geht nicht mehr um die Kosten des Hauptsacheverfahrens, die hinsichtlich der Kostenfestsetzung nach § 16 Nr. 10 zu einer Angelegenheit verbunden werden sollen, sondern um die Kosten des Beschwerde- oder Erinnerungsverfahrens (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 24. Aufl., 2019, RVG, § 16 Rn 138).
3 Anmerkung
Die Entscheidung ist zutreffend.
§ 16 Nr. 10 RVG erklärt lediglich...