§§ 52 Abs. 1, 66 Abs. 3 bis 6, 68 Abs. 1 GKG; § 166 Abs. 1 VwGO; §§ 120a Abs. 1, 124 ZPO
Leitsatz
- Auch die Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, ist zur Einlegung einer Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung befugt. Die Beschwerde ist deshalb zulässig, weil die bewilligte Prozesskostenhilfe wieder aufgehoben oder bis zu vier Jahre nach rechtskräftiger Entscheidung in der Hauptsache zum Nachteil der bedürftigen Partei geändert werden kann.
- In verwaltungsgerichtlichen Verfahren betreffend die Änderung des Familiennamens ist der Auffangwert nach § 52 Abs. 2 GKG mit 5.000,00 EUR als Streitwert anzunehmen.
Sächs. OVG, Beschl. v. 23.7.2021 – 3 E 36/21
I. Sachverhalt
Der Kläger hatte vor dem VG Dresden Klage auf Änderung seines Familiennamens erhoben. Das VG hat dem Kläger in diesem Rechtsstreit Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt. Nach Beendigung des Verfahrens hat das VG Dresden den Streitwert auf 5.000,00 EUR festgesetzt. Hiergegen hat der Kläger Beschwerde mit der Begründung eingelegt, er könne wegen seiner Bedürftigkeit Gerichtskosten nicht zahlen.
II. Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwertes
1. Gesetzliche Regelung
Gem. § 68 Abs. 1 S. 1 GKG findet gegen den Beschluss, durch den der für die Gerichtsgebühren maßgebliche Streitwert festgesetzt worden ist, die Beschwerde statt. Voraussetzung ist einmal, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt. Gem. § 68 Abs. 1 S. 2 GKG findet die Beschwerde aber auch dann statt, wenn das Gericht sie in der angefochtenen Entscheidung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen hat.
Gem. § 68 Abs. 1 S. 3 GKG ist die Streitwertbeschwerde nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Abs. 3 S. 2 GKG bestimmten Frist eingelegt worden ist. Diese Frist beträgt sechs Monate. Sie beginnt, wenn die Hauptsacheentscheidung Rechtskraft erlangt hat oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. § 68 Abs. 1 S. 5 GKG verweist auf verschiedene Vorschriften des § 66 GKG betreffend die Erinnerung und Beschwerde gegen den Gerichtskostenansatz.
Vorliegend hatte das VG Dresden die Beschwerde gegen seine Streitwertfestsetzung nicht zugelassen. Nach Auffassung des Sächs. OVG war die Beschwerde jedoch deshalb statthaft, weil es das Vorbringen des Klägers in seiner Beschwerde so verstanden hat, dass der Streitwert mit 0,00 EUR anzusetzen sei. Damit übersteige der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR.
2. Zulässigkeit der Beschwerde
Nach Auffassung des Sächs. OVG steht der Zulässigkeit der Beschwerde nicht entgegen, dass dem Kläger durch Entscheidung des VG Dresden PKH bewilligt worden war. Diese Bewilligung hat nach dem über § 166 Abs. 1 VwGO entsprechend geltenden § 122 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zur Folge, dass die Staatskasse von den Klägern die rückständigen und entstehenden Gerichtskosten nicht gegen die bedürftige Partei geltend machen kann. Gleichwohl hat das Sächs. OVG die Beschwerde des Klägers als zulässig angesehen, weil durch die Bewilligung der PKH die Beschwer des Klägers nicht entfallen sei. Das OVG hat darauf hingewiesen, dass die PKH nach § 166 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 124 ZPO wieder aufgehoben werden könne. Sie könne auch gem. § 166 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 120a Abs. 1 ZPO innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren nach Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung geändert werden, wenn sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers maßgeblich geändert hätten. Dieser Zeitraum von vier Jahren sei hier auch noch nicht verstrichen.
III. Bemessung des Streitwertes
Vorliegend hatte das VG Dresden den Streitwert gem. § 63 Abs. 2 S. 1 GKG festgesetzt und dabei gem. § 52 Abs. 1 GKG die sich aus dem Klageantrag des Klägers für ihn ergebende Bedeutung der Sache berücksichtigt. Weil der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwertes keine genügenden Anhaltspunkte geboten hatte, hat das VG Dresden gem. § 52 Abs. 2 GKG den Auffangwert von 5.000,00 EUR herangezogen.
Dies war nach den Ausführungen des Sächs. OVG zutreffend. Der Senat hat darauf hingewiesen, dass er sich in st. Rspr. an die Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit halten. Nach dessen Nr. 28.1 sei in Verfahren betreffend die Änderung des Familiennamens der Auffangwert zugrunde zu legen.
Eine Ermäßigung des Streitwertes unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse, auf die sich der Kläger in seiner Beschwerde bezogen hatte, kommt nach den weiteren Ausführungen des Sächs. OVG nicht in Betracht. Denn dies sehe das GKG nicht vor. Außerdem bestehe hierfür auch keine Veranlassung, da mittellose Parteien, denen PKH bewilligt worden sei, zur Tragung der Gerichtskosten nicht herangezogen werden könnten.
IV. Bedeutung für die Praxis
Der Entscheidung ist zuzustimmen.
1. Grundsätze für die Zulässigkeit der Streitwertbeschwerde
Sowohl bei der wertabhängigen Beschwerde als auch bei der nach § 68 Abs. 1 S. 2 GKG zugelassenen Beschwerde ist es Voraussetzung für deren Zulässigkeit, dass der Beschwerdeführer durch die angefochtene Streitwertfestsetzung auch beschwert ist. Somit setzt die Beschwer einer Partei grds. voraus, dass sie überhaupt zur Zahlung oder Erst...