Auch das Erfordernis der Erhebung einer Verzögerungsrüge nach § 198 Abs. 3 S. 1 GVG sei gewahrt, da die Klägerin ab dem 8.4.2016 wiederholt eine solche Rüge erhoben habe. Die Verzögerungsrüge sei ausdrücklich als solche bezeichnet, weitere Fragen einer Auslegung stellen sich daher nicht (dazu OLG Bremen NJW-RR 2019,1215). Die Rüge sei auch wirksam und nicht verfrüht erhoben worden: Gem. § 198 Abs. 3 S. 2 GVG könne eine Verzögerungsrüge erst erhoben werden, wenn Anlass zu der Besorgnis bestehe, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen werde. Nach der Rspr. des BGH, des BVerwG sowie des BFH sei es für das Bestehen eines Anlasses für eine solche Besorgnis nicht erforderlich, dass eine Verzögerung bereits eingetreten sei (vgl. BFH/NV 2015, 33; BFHE 255, 407; siehe auch BT-Drucks 17/3802, 20), und maßgeblich sei stattdessen, wann ein Betroffener erstmals Anhaltspunkte dafür habe, dass das Verfahren als solches keinen angemessen zügigen Fortgang nehme (vgl. BGH NJW 2014, 2443; BVerwG NJW 2019, 320). Vorliegend habe nach einer etwa einjährigen Nichtbearbeitung des Verfahrens im Zeitraum vom 9.4.2015, zu dem die letzte Verfahrensförderung durch das Gericht in Form der Bestellung des Verteidigers erfolgte, und der ersten Verzögerungsrüge vom 8.4.2016 von einem so bestehenden Anlass zu der Besorgnis ausgegangen werden können, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen werden würde. Kein anderes Ergebnis ergebe sich, wenn man mit einer früheren Entscheidung des OLG Bremen nicht auf konkrete Umstände des Einzelfalles, sondern darauf abstelle, ob bei einem Vergleich der sich abzeichnenden Verfahrensdauer mit der statistisch ermittelten üblichen Verfahrensdauer gleichartiger Verfahren nicht nur eine Überschreitung des gewöhnlichen Zeitrahmens zu erwarten stehe, sondern eine Überschreitung des Zeitraumes, in dem der allergrößte Teil der Verfahren – etwa 90 bis 95 % – beendet ist (vgl. OLG Bremen, Beschl. v. 11.12.2017 – 1 EK 1/17, n.v.): Aus den Statistiken des Statistischen Bundesamtes für die Jahre 2016 (Fachserie 10, Reihe 2.6 2016, S. 78) ergebe sich, dass im Jahr 2016 von den Verfahren vor den LG, die nach Anhängigkeit dort erledigt wurden, nach 12–18 Monaten Verfahrensdauer (gemessen ab Anhängigkeit vor dem LG) 89,9 % der Verfahren abgeschlossen waren. Zum Zeitpunkt der Verzögerungsrüge sei das Verfahren bereits knapp 14 Monate anhängig gewesen, ohne dass seit knapp einem Jahr eine Verfahrensförderung zu erkennen gewesen sei, sodass vor dem Hintergrund des für eine Erledigung auch bei zügigem Fortgang erforderlichen Vorlaufs eine Erledigung vor 18 Monaten nicht mehr zu erwarten gewesen sei, womit der Zeitraum überschritten worden wäre, in dem der allergrößte Teil der Verfahren beendet sei.