I. Rechtsanwalt K
1. Außergerichtliche Vertretung
Rechtsanwalt K hat den dem Kläger zunächst ein Vertretungsmandat erhalten. Für das Betreiben des Geschäfts (s. Vorbem. 2 Abs. 3 VV) ist ihm eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV angefallen. Bei hier zu unterstellenden durchschnittlichen Umständen (s. Abs. 1 der Anm. zu Nr. 2300 VV) soll diese mit einem Gebührensatz von 1,3 angefallen sein. Rechtsanwalt K berechnet somit folgende Gebühren und Auslagen:
1. |
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
434,20 EUR |
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(Wert: 5.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
86,30 EUR |
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Gesamt |
540,50 EUR |
2. Gerichtliche Tätigkeit
a) Verfahrensgebühr
Für das Betreiben des Geschäfts (s. Vorbem. 3 Abs. 2 VV) ist Rechtsanwalt K ferner eine Verfahrensgebühr angefallen. Da er keine der in Nr. 3101 VV aufgeführten Tätigkeiten entfaltet hat, bevor sein Auftrag endete, ist sie nur mit einem Gebührensatz von 0,8 entstanden. Nach Vorbem. 2 Abs. 6 S. 1 VV ist die Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Vertretung zur Hälfte auf diese Verfahrensgebühr anzurechnen.
b) Terminsgebühr
Die telefonische Besprechung zur Vermeidung des Rechtsstreits mit dem Beklagtenvertreter hat nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV ausgelöst.
c) Kostenberechnung
Rechtsanwalt A rechnet seine gerichtliche Tätigkeit somit wie folgt ab:
1. |
0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 Nr. 1 VV |
267,20 EUR |
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(Wert: 5.000,00 EUR) |
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hierauf nach Vorbem. 2 Abs. 6 S. 1 VV anzurechnen |
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0,65-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
– 217,10 EUR |
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(Wert: 5.000,00 EUR) |
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Rest: |
50,10 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
400,80 EUR |
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(Wert: 5.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
89,47 EUR |
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Gesamt |
560,37 EUR |
II. Rechtsanwalt B
Rechtsanwalt B hatte von dem Beklagten einen Vertretungsauftrag erhalten, die klägerische Forderung vorgerichtlich abzuwehren. Damit bestimmt sich seine Vergütung nach Teil 2 VV. Sollte Rechtsanwalt B schon vor der tatsächlich nicht erfolgten Klageeinreichung einen Prozessauftrag erhalten haben, wäre dieser dadurch bedingt, dass die erwartete Klage tatsächlich erhoben wird. Diese Bedingung ist hier jedoch nicht eingetreten, sodass nach Vorbem. 3 Abs. 1 S. 1 VV die Anwendung des Teils 3 VV ausscheidet. Dies hat zur Folge, dass die Besprechung zur Vermeidung des Rechtsstreits bei Rechtsanwalt B keine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV ausgelöst hat.
Der entsprechende Mehraufwand des Rechtsanwalts kann nur bei der nach § 14 Abs. 1 RVG vorzunehmenden Bestimmung der Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV erhöht berücksichtigt werden. Eine Anhebung über den Schwellenwert von 1,3 (s. Abs. 1 der Anm. zu Nr. 2300 VV) hinaus kommt nur in Betracht, wenn die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts einschließlich der telefonischen Besprechung die Anwaltstätigkeit umfangreich oder schwierig gemacht hat. Ansonsten kann der Rechtsanwalt bei sonst durchschnittlichen Umständen – ebenso wie Rechtsanwalt K – nur eine 1,3-Geschäftsgebühr nebst Auslagen abrechnen.
Autor: VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin
AGS 12/2021, S. 538 - 540