§ 3 ZPO; § 74a Abs. 1 S. 1 ZVG; § 68 Abs. 1 S. 5 i.V.m. § 63 Abs. 3 S. 3 GKG
Leitsatz
- Der Streitwert einer Drittwiderspruchsklage gegen eine Auseinandersetzungsversteigerung ist gem. § 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzen und richtet sich nach dem Interesse des Widersprechenden am Fortbestand der Gemeinschaft, das in der Regel mit einem Bruchteil des Grundstückswerts zu bemessen ist.
- Neben dem Miteigentumsanteil des widersprechenden Eigentümers ist auch der Versteigerungsausfall von 30 % (7/10 Grenze im Versteigerungsverfahren) bei der Bemessung zu berücksichtigen.
- Gegen die Streitwertfestsetzung des Senats ist eine Gegenvorstellung statthaft, wenn sie binnen einer Frist von 6 Monaten erfolgt.
BGH, Beschl. v. 9.6.2021 – IV ZR 6/20
I. Sachverhalt
In dem zugrundeliegenden Verfahren begehrten die Kläger im Wege der Drittwiderspruchsklage, die vom Beklagten betriebene Teilungsversteigerung eines Grundstücks für unzulässig zu erklären. Dieses Grundstück hat einen Wert von 726.000,00 EUR. Der Senat hat mit Beschl. v. 7.10.2020 die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger zurückgewiesen und den Streitwert auf 217.800,00 EUR festgesetzt. Das Gericht begründet dies damit, dass gem. § 74a Abs. 1 S. 1 ZVG unter Beachtung der im Versteigerungsverfahren geltenden 7/10-Grenze ein Versteigerungsausfall von allenfalls 30 % möglich erscheint, und setzt daher 30 % des gesamten Werts des Teilungsobjekts an. Dieser Beschluss ist dem Klägervertreter am 13.10.2020 zugestellt worden. Mit seiner am 10.4.2021 beim BGH eingegangenen Gegenvorstellung beantragt der Kläger eine Abänderung der Streitwertfestsetzung auf 36.300,00 EUR.
II. Streitwert ist gem. § 3 ZPO zu schätzen
Die Gegenvorstellung ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg.
Dem Kläger steht nicht die Beschwerde, sondern die Gegenvorstellung offen, soweit diese binnen der in § 68 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 S. 2 GKG bestimmten Frist eingelegt wird. Diese beträgt 6 Monate und wurde vorliegend eingehalten.
Die Gegenvorstellung ist teilweise begründet.
Der Streitwert einer Drittwiderspruchsklage gegen eine Auseinandersetzungsversteigerung ist gem. § 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzen und richtet sich nach dem Interesse des Widersprechenden am Fortbestand der Gemeinschaft, das in der Regel mit einem Bruchteil des Grundstückswerts zu bemessen ist.
Das Interesse besteht darin, den Verkauf des Grundstücks weit unter Wert durch wertunangemessene Gebote bei der Versteigerung zu unterbinden.
a) Zunächst ist zur Grundlage der Berechnung der Miteigentumsanteil des Widersprechenden zu bestimmen.
b) Darüber hinaus ist dann ein möglicher Versteigerungsausfall zu berücksichtigen.
Das Versteigerungsobjekt hat einen Wert i.H.v. 726.000,00 EUR und der Kläger hat einen Eigentumsanteil von 50 %. Daher hat der Miteigentumsanteil einen Wert von 363.000,00 EUR. Das Berufungsgericht hat einen Abzug beim Streitwert vorgenommen: Sie setzen 30 % des gesamten Objektwerts am, weil gem. § 74a Abs. 1 S. 1 ZVG unter Beachtung der im Versteigerungsverfahren geltenden 7/10-Grenze ein Versteigerungsausfall von allenfalls 30 % möglich erscheint. Den Abzug hält der BGH für richtig, allerdings legt er den Miteigentumsanteil und nicht den gesamten Objektwert zugrunde.
Auf dieser Grundlage errechnet sich ein Streitwert i.H.v. 108.900,00 EUR (30 % x 50 % x 726.000,00 EUR).
Für eine weitergehende Herabsetzung des Streitwerts auf 36.300 EUR (10 % x 50 % x 726.000,00 EUR) – wie vom Kläger begehrt – besteht demgegenüber keine Veranlassung.
III. Bedeutung für die Praxis
1. Streitwertberechnung
Wie so oft bestimmt sich der Streitwert im Fall der Drittwiderspruchsklage nach § 3 ZPO und ist daher zu schätzen.
Maßgeblich für die Bestimmung ist demnach das wirtschaftliche Interesse des Klägers. Hier kann niemals der gesamte Wert des Versteigerungsobjekts oder sein Miteigentumsanteil der Streitwert sein. Da der Zweck der Klage ist, eine Verschleuderung des Grundstücks durch wertunangemessene Gebote im Versteigerungstermin zu verhindern (vgl. BGH, Beschl. v. 26.6.1997 – IX ZR 59/97, WM 1997, 2049, juris Rn 3; BGH, Beschl. v. 16.1.1991 – XII ZR 244/90, FamRZ 1991, 547 unter II, juris Rn 5; OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 1221 unter II 2, juris Rn 13; OLG Hamm JurBüro 1977, 1616, 1617; Monschau, in: Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 14. Aufl., 2016, Rn 1145). So zitiert es auch der BGH in seiner Entscheidung.
Der Kläger hat im vorliegenden Fall 50 % des Eigentums inne und auch wenn u.a. das OLG Saarbrücken (JurBüro 1989, 1598; Monschau, in: Schneider/Herget, a.a.O., Rn 1147) das Interesse des Klägers mit dem Miteigentumsanteil gleichsetzt, ist dies nicht nachvollziehbar. Durch die Auseinandersetzungsversteigerung droht dem Kläger nicht der gesamte Verlust seines Miteigentumsanteils, sondern lediglich ein Teilverlust.
In der Lit. wird teilweise die Auffassung vertreten, dass zunächst die Differenz zwischen dem Verkehrswert des Grundstücks und dem vom Widersprechenden befürchteten Mindesterlös bei einer Zwangsversteigerung zu berechnen ist. Dieser Wert ist dann auf den anteiligen Verlust, der den Kläger treffen könnte,...