1. Überblick
Werden mehrere Verfahren miteinander verbunden, so liegt ab dem Zeitpunkt der Verbindung nur noch eine einzige Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG vor.
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Bis zur Verbindung bleiben die Verfahren dagegen selbstständige Angelegenheiten. Die Gebühren fallen also vor der Verbindung aus den jeweiligen Werten der einzelnen Verfahren gesondert an, da es sich um eigene Angelegenheiten handelt. |
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Nach Verbindung entstehen die Gebühren dagegen nur ein einziges Mal (§ 15 Abs. 1, 2 RVG), und zwar aus dem Gesamtwert der Gegenstände (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. §§ 39 Abs. 1, 45 Abs. 1 GKG). |
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Das verbundene Verfahren bildet allerdings keine dritte Angelegenheit neben den beiden getrennten Verfahren. Es verhält sich vielmehr so, dass eines der zuvor getrennt geführten Verfahren fortbesteht und ihm der Gegenstandswert des anderen Verfahrens – ähnlich wie bei einer Klageerweiterung – zugeschlagen wird. Welches Verfahren fortgeführt wird, ergibt sich aus dem jeweiligen Verbindungsbeschluss, in dem eines der Verfahren als führend, also als fortbestehend, bestimmt wird. |
Drei Fallkonstellationen sind dabei möglich:
2. Erste Fallkonstellation: Die Gebühren sind sowohl vor als auch nach der Verbindung entstanden
Sind die Gebührentatbestände sowohl vor als auch nach der Verbindung ausgelöst worden, ist der Anwalt frei, zu wählen, ob er seine Gebühren aus den Einzelwerten vor Verbindung oder aus dem Gesamtwert nach Verbindung berechnet. In aller Regel ist es dabei aufgrund der Gebührendegression für den Anwalt günstiger, die getrennte Berechnung zu wählen.
Beispiel 1: Verbindung, getrennte Abrechnung ist günstiger
A klagt gegen B auf Zahlung von 6.000,00 EUR (Az. 1/22). B erhebt gleichzeitig Klage gegen A auf Zahlung von 4.000,00 EUR (Az. 2/22). Nachdem in beiden Verfahren mündlich verhandelt worden ist, wird die Klage des B als Widerklage zum Verfahren 1/22 verbunden. Anschließend wird erneut verhandelt.
In beiden Verfahren ist sowohl die Verfahrens- als auch die Terminsgebühr vor und nach der Verbindung angefallen. Die getrennte Abrechnung dieser Gebühren nach den Einzelwerten der Verfahren ist günstiger als die gemeinsame Abrechnung nach Verbindung aus dem Gesamtwert (§ 23 Abs. 1 S. 2 RVG i.V.m. § 45 Abs. 1 GKG).
I. |
Gemeinsame Berechnung, verbundenes Verfahren 1/22 |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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798,20 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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736,80 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.555,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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295,45 EUR |
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Gesamt |
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1.850,45 EUR |
II. |
Getrennte Abrechnung |
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a) |
Verfahren 1/22 vor Verbindung |
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1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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507,00 EUR |
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(Wert: 6.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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468,00 EUR |
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(Wert: 6.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
995,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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189,05EUR |
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Gesamt |
|
1.184,05 EUR |
b) |
Verfahren 2/22 vor Verbindung |
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1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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361,40 EUR |
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(Wert: 4.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
333,60 EUR |
|
(Wert: 4.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
715,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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135,85 EUR |
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Gesamt |
|
850,85 EUR |
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Gesamt (1/22 + 2/22) |
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2.034,90 EUR |
Nur in seltenen Fällen liegen die Gebühren nach der Verbindung höher als vor der Verbindung. Das ist immer dann gegeben, wenn der Gebührensprung infolge der Verbindung höher ist als eine der Gebühren aus den einzelnen Verfahren, also wenn ein sehr hochwertiges Verfahren mit einem geringwertigen Verfahren (i.d.R. unterste Gebührenstufe) verbunden wird.
Beispiel 2: Verbindung, gemeinsame Abrechnung ist günstiger
A klagt gegen B auf Zahlung von 50.000,00 EUR (Az. 1/22). B erhebt gleichzeitig Klage gegen A auf Zahlung von 500,00 EUR (Az. 2/22). Nachdem in beiden Verfahren mündlich verhandelt worden ist, wird die Klage des B als Widerklage zum Verfahren 1/22 verbunden. Anschließend wird erneut verhandelt.
Auch hier sind Verfahrens- und Terminsgebühr sowohl vor als auch nach Verbindung angefallen. Allerdings ist jetzt die gemeinsame Abrechnung günstiger.
I. |
Gemeinsame Berechnung, verbundenes Verfahren 1/22 |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
1.784,90 EUR |
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(Wert: 50.500,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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1.647,20 EUR |
|
(Wert: 50.500,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
3.452,10 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
655,90 EUR |
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Gesamt |
4.108,00 EUR |
II. |
Getrennte Abrechnung |
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a) |
Verfahren 1/22 |
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1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
1.662,70 EUR |
|
(Wert: 50.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
1.534,80 EUR |
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(Wert: 50.000,00 EU... |