1. Lösung zu Fall 1
I. Anfall der Terminsgebühr
Die Terminsgebühr entsteht, wenn mindestens einer der in Vorbem. 3 Abs. 3 VV aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt ist oder wenn einer der in Abs. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV aufgeführten Fälle vorliegt. In Betracht kommt hier allein die Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 VV. In einem solchen Fall entsteht die Terminsgebühr, wenn der Rechtsanwalt nach Aufruf der Sache im Sitzungssaal vertretungsbereit anwesend ist. Hierfür muss der Rechtsanwalt an dem Termin teilnehmen und bereit und willens sein, das Geschehen im Verhandlungstermin und im Interesse seines Mandanten zu verfolgen und erforderlichenfalls einzugreifen.
II. Beklagtenvertreter
Diese Voraussetzungen waren hier beim Beklagtenvertreter erfüllt. Der Rechtsanwalt hat nach Aufruf der Sache den Gerichtssaal betreten und hat die Sach- und Rechtslage mit dem Richter erörtert. Für diese Tätigkeit ist ihm – wenn nicht bereits durch vorangegangene Tätigkeiten – sowohl die 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV (s. Nr. 3101 Nr. 1 VV) als auch die 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV angefallen. Die Ermäßigungsvorschrift der Nr. 3105 VV greift hier nicht ein, da der Beklagtenvertreter mehr getan hat als lediglich einen Antrag zur Prozess-, Verfahrens- oder Sachleitung gestellt zu haben. Er hat nämlich mit dem Richter die Sach- und Rechtslage einseitig erörtert.
Somit kann der Beklagtenvertreter nach Beendigung des Rechtsstreits seine Vergütung wie folgt abrechnen:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
1.068,60 EUR |
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(Wert: 20.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
986,40 EUR |
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(Wert: 20.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
394,25 EUR |
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Gesamt |
2.469,25 EUR |
III. Klägervertreter
Hier ist die Gebührenrechtslage nicht ganz so einfach.
Dem Klägervertreter ist für das Einreichen der Klageschrift zwar die 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV angefallen (s. Nr. 3101 Nr. 1 VV). Jedoch kann er daneben keine Terminsgebühr abrechnen.
Der Klägervertreter hat keinen Termin wahrgenommen. Er ist zwar nach Aufruf der Sache in den Gerichtssaal eingetreten und war bereit, dort seinen Mandanten zu vertreten. Der Rechtsanwalt ist jedoch zu diesem Termin erst erschienen, als die mündliche Verhandlung bereits geschlossen war, was den Anfall der Terminsgebühr ausschließt. Selbst wenn das Gericht im Anschluss an die mündliche Verhandlung eine Entscheidung verkündet hätte und der Rechtsanwalt dabei anwesend gewesen wäre, wäre ihm keine Terminsgebühr angefallen (s. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 2 VV).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Klägervertreter zu dem Verhandlungstermin zu einer falschen Terminsstunde geladen wurde. Zwar gewährt Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV dem Verteidiger in Strafsachen für eine vergleichbare Fallgestaltung die Terminsgebühr, auch wenn er den Termin nicht wahrgenommen hat. Eine entsprechende Regelung für den Prozessbevollmächtigten in einem Zivilprozess hat der Gesetzgeber jedoch in Vorbem. 3 VV nicht aufgenommen.
Die einseitige Erörterung mit dem Richter hat ebenfalls keine Terminsgebühr ausgelöst. Selbst wenn man grds. solche einseitigen Erörterungen oder Besprechungen mit dem Richter für den Anfall einer Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. VV genügen lassen würde, wäre der Gebührentatbestand hier nicht erfüllt. Die Information des Richters, der Termin sei längst vorbei und der Verweis auf die Ladung zur falschen Terminsstunde waren nämlich nicht auf die Vermeidung oder Erledigung des Rechtsstreits gerichtet, wie diese Vorschrift erfordert.
Somit kann der Klägervertreter nach Beendigung des Rechtsstreits nur folgende Vergütung abrechnen:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
1.068,60 EUR |
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(Wert: 20.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
206,83 EUR |
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Gesamt |
1.295,43 EUR |
2. Lösung zu Fall 2
Gegen die Entscheidung des Amtsrichters über die Erinnerung des Rechtsanwalts X ist gem. § 56 Abs. 2 S. 1 RVG die Beschwerde gegeben, wobei die Vorschriften der § 33 Abs. 3 bis 8 RVG, die an sich die Festsetzung des Gegenstandswertes betreffen, entsprechend anwendbar sind.
Die formellen Voraussetzungen der Beschwerde sind hier gegeben. Der Bezirksrevisor ist als Vertreter der Landeskasse durch die nach seiner Auffassung zu Unrecht erfolgte Festsetzung der Einigungsgebühr beschwert. Der Wert der Beschwer übersteigt hier auch 200,00 EUR, weil die Einigungsgebühr hier schon ohne anteilige Umsatzsteuer 222,00 EUR beträgt (s. § 33 Abs. 3 S. 1 RVG). Die Be...