Die Rechtswahrnehmung bzw. sogar bereits die Inanspruchnahme der Beratungshilfe darf nicht mutwillig erscheinen. Mutwillig ist ein Antrag immer dann, wenn ein sachlich gerechtfertigter Grund für den Wunsch nach Aufklärung nicht zu erkennen ist, wenn also eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre vermeintlichen Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde. Nach Sinn und Zweck der Beratungshilfe i.S.d. BerHG ist unter dem Begriff "Hilfe" zu verstehen, dass immer eine notwendige Hilfe vorzuliegen hat, gleichgültig ob sie nur in Beratung oder in einer Vertretung besteht. Die Hilfe muss daher überhaupt erforderlich sein und damit ein allgemeines Rechtschutzinteresse bestehen.
Als mutwillig angesehen wurden in der Rspr. wiederholte Anträge in derselben Sache, oder Anträge, nachdem von anderer Seite bereits Beratungshilfe geleistet wurde, oder Anträge, nachdem das Gericht die sofortige Hilfestellung geleistet hat. Als mutwillig kann es auch angesehen werden, wenn eine anwaltliche Hilfe nicht erforderlich erscheint.
Der Vergleich zu einem normalen Bürger, welcher seine Rechte selbst verfolgt bzw. die Beratungsperson selbst zu zahlen hätte, ist immer zu ziehen. Da ein verständiger Selbstzahler regelmäßig weder bereit noch in der Lage sein wird, sämtliche rechtlichen Fragestellungen des Alltags durch eine kostenpflichtige Beratung abklären zu lassen, wird man die Inanspruchnahme von Beratungshilfe für den Abschluss von Verträgen über den Erwerb von Gütern (Haushaltsgeräte, Möbel, Kraftfahrzeug) oder Leistungen (Wasser, Strom, Telefon) als mutwillig ansehen müssen. Gleiches gilt für andere Fälle der präventiven Rechtsberatung, etwa über die geplante Teilnahme an einer Demonstration.
Kein vernünftiger, die Kosten berücksichtigender Selbstzahler würde bei einem bloßen Verwarngeld, dessen Höhe in keiner Relation zu den anwaltlichen Kosten steht, anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen.
Mutwillig ist auch die Inanspruchnahme von Beratungshilfe zur Klärung möglicher Rechtsansprüche ins Blaue hinein. Ein verständiger Selbstzahler wird im Zweifel nicht allein schon aufgrund der Erkenntnis, dass Nebenkosten- oder Telefonabrechnungen häufig fehlerhaft sind, eine Beratungsperson mit der Überprüfung seiner eigenen Nebenkosten- oder Telefonabrechnung beauftragen. Von einem bedürftigen Rechtsuchenden kann daher grds. erwartet werden, dass er den Sachverhalt zunächst selbstständig aufgeklärt, bis konkrete Anzeichen für eine Rechtsbeeinträchtigung vorliegen.
Bei der Beurteilung der Mutwilligkeit sind die Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers sowie seine besondere wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen.
Das Gesetz orientiert sich also an dem in der Rspr. und Lit. bekannten Begriff des "Selbstzahlervergleichs". Dieser besteht seit Beginn der Beratungshilfe und wurde zuletzt mehrfach verfassungsrechtlich bestätigt.
Bei der Beurteilung der Mutwilligkeit sind seit 1.1.2014 auch die Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers sowie seine besondere wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen. Folglich ist auf den verständigen, in vergleichbarer Lage befindlichen Bürger abzustellen. Maßgebend ist daher ein individueller Maßstab. Die Auslegung des Begriffs orientiert sich daher auch weiterhin stark am Einzelfall, sodass dies insoweit zu einer sehr unterschiedlichen Bewilligungspraxis bei den Gerichten führen wird.
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Mutwillig handelt, wer nach erfolgter Beratung die Vertretung durch einen Rechtsanwalt in Anspruch nimmt, obwohl die von ihm beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nach dem Ergebnis der Beratung keinen Erfolg hat. |
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Mutwillig ist die Inanspruchnahme, wenn eine Parallelität der Fallgestaltungen auf der Hand liegt und die in einem Fall erhaltene Beratung sich ohne wesentliche Änderungen auf die übrigen Fälle übertragen werden kann. |
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Mutwillig handelt nach der höchstrichterlichen Rspr., wer seine rechtliche Situation nicht vernünftig abwägt oder das Kostenrisiko unberücksichtigt lässt. |
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Als mutwillig wurde es angesehen, wenn der Ratsuchende eine Beratungsperson aufsucht / aufsuchen möchte, wenn er vom Jugendamt lediglich die Mitteilung erhält, dass seitens der Ehefrau Unterhaltsvorschuss für das gemeinsame Kind beantragt worden sei und dass der Unterhaltsanspruch des Kindes gleichzeitig übergehe, sobald Unterhaltsvorschuss vom Land geleistet würde. |
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Fraglich ist die Inanspruchnahme der Beratungshilfe bei Kleinforderungen. Können diese für einen wirtschaftlich soliden Bürger kein Grund für die Inanspruchnahme einer Beratungsperson darstellen, wäre die Sache bei einem weniger gut situierten Bürger ggf. anders zu beurteilen. Die Annahme der Mutwilligkeit. kommt aber m.E. dann in Betracht, wenn ein verständiger Selbstzahler wegen eines Missverhältnisses zwischen dem Wert der Angelegenheit und den Kosten der Beratung oder Vertretung auf die Konsultation einer Beratungsperson verzichten würde. Dies gilt regelmäßig für die Geltendmachung von Forderungen... |