Hauptablehnungspunkt der Gerichte ist stets, dass im zu entscheidenden Fall ggf. anderweitige Hilfen vorliegen sollen, wonach die anwaltliche Beratungshilfe ausscheide. Dies ist insbesondere in nachträglichen Sachverhalten ärgerlich, bei denen der Anwalt seine Arbeit bereits begonnen hat. Tatsächlich ist es aber so, dass nach § 1 BerHG keine anderweitigen Hilfsmöglichkeiten zur Verfügung stehen dürfen, welche dem Rechtsuchenden zuzumuten sind. Denn generell soll die Beratungshilfe nicht die von anderen, meist über besondere Sachkunde verfügenden Einrichtungen kostenfrei geleistete Beratung ersetzen, sondern diese ergänzen. Aufgrund der Subsidiarität der Beratungshilfe gegenüber anderen zumutbaren Auskunftsmöglichkeiten kann der Rechtsuchende im Einzelfall nach § 1 Abs. BerHG auch auf die Beratung durch andere Stellen verwiesen werden. Hinterher ist man stets schlauer – um hier böse Überraschungen zu vermeiden, wird an dieser Stelle angeregt – von Eilfällen einmal abgesehen –, den rechtsuchenden Bürger bei unmittelbarer Konsultation daher zunächst einmal an das AG zu verweisen, damit dort um einen Berechtigungsschein für die Beratungshilfe nachgesucht werden kann und der Anwalt dann mehr Sicherheit hat.
Das BVerfG hat in seiner Entscheidung v. 12.6.2007 (Nichtannahmebeschl. mit ausführlicher Begründung) dargelegt, dass:
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Der vom AG ausgesprochene Vorrang der Behördenauskunft ist einfachrechtlich gut vertretbar und frei von Willkür. |
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Beratungshilfe ist kein Instrument der allgemeinen Lebenshilfe. |
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Beratungshilfe soll nicht andere, über besondere Fachkunde verfügende Einrichtungen ersetzen. |
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Auch bei Behörden, gegen die der Ratsuchende argumentieren muss, gilt zunächst die Beratung der Behörde hinsichtlich erstmaliger Nachfrage. |
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Beratungshilfe bezweckt keine vollständige Gleichstellung unbemittelter mit bemittelten Bürgern, sondern nur eine weitestgehende Angleichung. |
Das BVerfG hat in seinen früheren Entscheidungen zur Zumutbarkeit der Inanspruchnahme z.B. von Behördenberatung wie folgt ausgeführt:
Zitat
"Die Auslegung von § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG, die Auskunfts- und Belehrungspflicht der (…) Behörde (…) sei grundsätzlich als zumutbare andere Möglichkeit der Rechtsberatung anzusehen und könne deshalb den Anspruch auf Bewilligung von Beratungshilfe ausschließen, verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. (…) Von Verfassungs wegen [wird] nur gefordert, dass die Rechtsverfolgung nicht unmöglich gemacht wird. Versagung der Beratungshilfe hindert [den] Zugang zum Verwaltungsverfahren [jedoch] nicht."
Allerdings hat das BVerfG in einem Beschl. v. 27.6.2014 auch entschieden, dass ein AG die Grenzen der Zumutbarkeit überschreite, wenn es einen Rechtsuchenden anstelle der Bewilligung von Beratungshilfe auf die Beratung durch diejenige Behörde verweise, deren Entscheidung er angreifen wolle. Eine solche Auslegung des BerHG verletzte den Betroffenen in seinem Anspruch auf Rechtswahrnehmungsgleichheit. Grds. sieht man daran, dass es sich stets um eine Einzelfallentscheidung handelt.
An dieser Stelle sollen einige der wichtigsten Alternativen zur Beratungshilfe dargelegt werden, die ggf. zum Ausschluss selbiger führen können. Ggf. werden aber Gegenargumente gegen die Ablehnung hilfreich sein.
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Behörde: Grds. hat diese Vorrang. Muss der Rechtsuchende allerdings gegen diese argumentieren, nachdem ein nachteiliger Verwaltungsakt bereits erlassen wurde (Achtung: nicht vorher!), kommt Beratungshilfe in Betracht. |
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Ausländeramt: Hier sieht die Rspr. bislang eine Alternative durch das Ausländeramt. Dieses hat eine Beratungspflicht nach § 25 LVwVfG. Das BVerfG hat in seinem Beschl. v. 26.4.1989 entschieden, dass die Auslegung des § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG dahingehend, dass die Auskunfts- und Belehrungspflicht der Ausländerbehörde nach § 25 Abs. 1 VwVfG grds. als zumutbare andere Möglichkeit der Rechtsberatung anzusehen sei und deshalb den Anspruch auf Bewilligung von Beratungshilfe ausschließen könne, nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Ebenfalls hat das BVerfG in seinem Beschl. v. 6.2.1992 entschieden, dass durch die Verweisung des Asylsuchenden auf die Ausländerbehörde als andere Möglichkeit der Hilfe i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG die Durchsetzung des Asylgrundrechts nicht grds. in Frage gestellt werde, der Grundsatz des fairen Verfahrens nach Art. 20 Abs. 3 GG und die Rechtsweggarantie gem. Art. 19 Abs. 4 GG sowie das Gebot der Rechtsgleichheit nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht berührt werde. Die Ansicht bleibt in der Rspr. unterschiedlich bewertet. |
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Insbesondere in Situationen, in denen bspw. eine Abschiebung droht, dürften Zirkelschlüsse zu vermuten sein, eine Beratungshilfe daher in Betracht kommen. |
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Jugendamt: Bzgl. unterhaltsrechtlicher Fragen sieht § 18 SGB VIII die Unterstützung des Jugendamtes bei der Beratung und Unterstützung bei der Ausübung der Personensorge sowie Geltendmachung von Unterhalts- oder Unterhaltsersatzansprüchen des Kindes oder Jugendlichen besonders vor; auch für die Frage der Umg... |