RVG § 11 Abs. 5
Leitsatz
Nach § 11 Abs. 5 RVG ist die Festsetzung der Anwaltsvergütung abzulehnen, soweit der Mandant Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Da es nach dem Wortlaut dieser Vorschrift genügt, dass der Mandant außergebührenrechtliche Einwendungen oder Einreden "erhebt", ist von dem für die Festsetzung der Vergütung zuständigen Rechtspfleger eine Prüfung der Begründetheit der Einwendungen oder eine Aufforderung an den Mandanten, seine Einwendungen näher zu substantiieren, nicht zu verlangen; der Rechtspfleger hat auch keine materiell-rechtliche Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.7.2010 – 15 W 33/10
1 Aus den Gründen
In der Sache führt das Rechtsmittel zur Zurückverweisung der angefochtenen Entscheidung an das LG, welches nach gebotener Sachverhaltsaufklärung über die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 1) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss erneut zu entscheiden haben wird. Der Rechtspflegerin wird gem. § 572 Abs. 3 ZPO aufgegeben, aufzuklären, ob der Beklagte zu 1) als Gegner des Kostenfestsetzungsantrags bzw. Schuldner des Kostenfestsetzungsbeschlusses in der Sache Einwendungen gegen die Kostenfestsetzung erhebt, die sachlich außerhalb des Gebührenrechts liegen. Das bisherige Vorbringen des Beklagten zu 1) im Beschwerdeschreiben "Durch die Arbeitsweise des Herrn X, der mich in den letzten Jahren vertreten hat, also auch in anderen Sachen, die nur aufgrund seiner Untätigkeit entstanden sind, bin ich in psychiatrischer Behandlung. (…) Durch geschicktes Hinhalten hat Herrn X es immer wieder verstanden, mich nicht an andere Rechtsanwälte zu wenden. Durch Privatzahlungen von ihm an mich, nach dem Motto, wenn wir deine Forderungen einholen, verrechnen wir das, hielten mich bei ihm. Das war falsch. Auch dieser Fall muss durch ein Wiederaufnahmeverfahren aufgearbeitet werden, auch dort stimmt die Bearbeitung nicht. Wegen der Arbeitsweise und der Vorenthaltung von Originalunterlagen bin ich auch schon bei der RAK vorstellig. Dort wartet man auf eine Stellungnahme des Herrn X. Auch hat er eingegangene Forderungen für mich, mir nicht mitgeteilt. (…)" lässt nicht erkennen, ob der Beklagte zu 1) tatsächlich außergebührenrechtliche Einwendungen geltend macht, und ob ihnen die Qualität zukommt, die erforderlich ist, um ein dem Grunde nach gerechtfertigtes Kostenfestsetzungsbegehren eines Anwalts zu blockieren, ob der Kläger also wirklich außergebührenrechtliche Einwendungen "erhebt".
Nach § 11 Abs. 5 RVG ist die Festsetzung der Anwaltsvergütung abzulehnen, soweit der Mandant Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben.
Da es nach dem Wortlaut dieser Vorschrift genügt, dass der Mandant außergebührenrechtliche Einwendungen oder Einreden "erhebt", ist von dem für die Festsetzung der Vergütung zuständigen Rechtspfleger eine Prüfung der Begründetheit der Einwendungen oder eine Aufforderung an den Mandanten, seine Einwendungen näher zu substantiieren, nicht verlangt, der Rechtspfleger hat auch keine materiell-rechtliche Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen. Deshalb müssen die Anforderungen an die Darlegung außergebührenrechtlicher Einwendungen seitens des Gegners eines Vergütungsfestsetzungsantrags gering bleiben. Zwar dient das Kostenfestsetzungsverfahren dazu, dem Anwalt in einem möglichst unkomplizierten und schnellen Verfahren einen Vollstreckungstitel zur Realisierung seines Vergütungsanspruchs gegen seinen Auftraggeber in die Hand zu geben. Dieses Verfahren will vor allem vermeiden, dass wegen jeglichen Honoraranspruchs des Anwalts gegen seinen Auftraggeber eigens ein gesonderter Rechtsstreit geführt werden muss. Andererseits dient das Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht dazu, außergebührenrechtliche Einwendungen des Mandanten auf kurzem Wege zu bescheiden, insbesondere abzuweisen. Für die Klärung materiell-rechtlicher Sachfragen ist der Rechtspfleger im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht zuständig.
Danach müssen Auffassungen, nach welchen schon im Vergütungsfestsetzungsverfahren Einwendungen unbeachtlich bleiben sollen, wenn sie offensichtlich unbegründet, offensichtlich halt- und substanzlos oder auch offensichtlich aus der Luft gegriffen sind, auf besondere Ausnahmefälle beschränkt bleiben, in denen die Offensichtlichkeit der Unbegründetheit der von einem Mandanten erhobenen Einwendungen zweifelsfrei feststeht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn Einwendungen vom Mandant offensichtlich arglistig in dem bloßen Bestreben konstruiert werden, die Vergütungsfestsetzung zu verzögern und die Realisierung des Vergütungsfestsetzungsanspruchs des Anwalts zu erschweren, gewissermaßen bewusst den für ihn von vornherein erfolglosen Umweg über eine Vergütungsklage im selbstständigen Rechtsstreit zu provozieren (vgl. z.B. OLG Brandenburg RPfleger 2003, 538 f. (zu der dem § 11 Abs. 5 RVG inhaltlich entsprechenden Vorschrift des § 19 Abs. 5 BRAGO [= AGS 2004, 149]); OLG Bamberg FamRZ 2001, 505; Hartmann, KostG, 34. Aufl., § 11 RVG ...