RVG § 5 RVG VV Nr. 4102 Nr. 3

Leitsatz

  1. Die Vertretung des Pflichtverteidigers durch einen anderen Rechtsanwalt ist zulässig.
  2. Wird der später bestellte Pflichtverteidiger im Haftprüfungstermin durch einen anderen Rechtsanwalt vertreten, wird die Terminsgebühr nach Nrn. 4102 Nr. 3, 4103 VV ausgelöst. Der Vergütungsanspruch steht nicht dem Vertreter, sondern dem Vertretenen zu.

LG Potsdam, Beschl. v. 11.5.2011 – 24 Qs 32/11

1 Sachverhalt

Das AG hatte einen Haftbefehl gegen den Mandanten erlassen. Zum Haftprüfungstermin erschien als Verteidiger Rechtsanwalt Dr. H. in Vertretung für Rechtsanwalt K. Später wurde Rechtsanwalt K. zum Pflichtverteidiger nach § 140 Abs. 2 StPO bestellt.

Nach Abschluss des Verfahrens beantragte Rechtsanwalt K. im Hinblick auf seine Beiordnung die Festsetzung seiner Vergütung, darunter auch die Kosten für den Haftprüfungstermin, der durch Rechtsanwalt Dr. H. wahrgenommen worden war.

Die Rechtspflegerin setzte die Kosten für den Haftprüfungstermin ab.

Gegen diese Entscheidung legte der Beschwerdeführer Erinnerung ein, die er damit begründet, dass Rechtsanwalt Dr. H. analog § 5 RVG den Termin wahrgenommen habe und insoweit auch diese Kosten auszugleichen wären.

Die zuständige Richterin des AG hat der Erinnerung nicht abgeholfen und dabei ausgeführt, dass der Vergütungsanspruch auf die Person des Beigeordneten beschränkt sei.

Gegen diesen Beschluss hat der Beschwerdeführer Beschwerde eingelegt und in der Begründung auf die gängige Vorgehensweise der 1. großen Strafkammer sowie der Bezirksrevisoren am LG hingewiesen.

2 Aus den Gründen

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

Auf die Beschwerde hin war die festgesetzte Pflichtverteidigervergütung abzuändern. Dem Verteidiger steht ein Anspruch auf Festsetzung der Kosten für den Haftprüfungstermin zu.

a) Zwar war der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt noch nicht als Pflichtverteidiger bestellt und zeigte seine Bevollmächtigung auch erst zu einem späteren Zeitpunkt an. Dies steht allerdings dem Festsetzungsanspruch nicht entgegen, da nach § 48 Abs. 5 RVG die zu vergütenden Tätigkeiten des Verteidigers ausnahmsweise auch solche vor der förmlichen Bestellung umfassen, insbesondere wenn er zu diesem Zeitpunkt bereits als Wahlverteidiger – wie sich vorliegend aus der Vollmachtsurkunde ergibt –, tätig war.

Dem Festsetzungsanspruch steht des Weiteren nicht entgegen, dass der beigeordnete Pflichtverteidiger nicht selbst den Haftprüfungstermin wahrgenommen hat, sondern sich durch seinen Kollegen vertreten ließ. Zwar wird nach überwiegend vertretener Auffassung – der auch das AG in seinem Beschluss folgt – eine Unterbevollmächtigung durch den bestellten Pflichtverteidiger oder eine Übertragung der Pflichtverteidigung auf den Sozius als nicht zulässig angesehen und der Vergütungsanspruch damit auf die Person des beigeordneten Pflichtverteidigers beschränkt (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 142 Rn 15 m.w.N.). Die Kammer weicht hiervon jedoch ab. Denn nach ihrem Dafürhalten entspricht es durchaus der gängigen gerichtlichen Praxis, etwa für einzelne Sitzungsabschnitte/-tage zur Sicherung des Verfahrens einen Vertreter des Pflichtverteidigers beizuordnen. Dies erfolgt uneinheitlich, entweder förmlich – durch Beschluss – oder aber konkludent – durch Zustimmung des Vorsitzenden (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 142 Rn 15; OLG Frankfurt, Beschl. v 9.1.1980 – 3 Ws 13/80). Folge dieser Praxis ist, dass, wenn für einzelne Sitzungstage das Auftreten eines Vertreters gebilligt wird, es aus vergütungsrechtlicher Sicht keinen Unterschied machen kann, ob dieser förmlich beigeordnet wurde oder der Vorsitzende einer Vertretung konkludent zustimmte, was die Kammer vorliegend annimmt. Die Argumentation, es handele sich um eine unzulässige Unterbevollmächtigung, wenn das Auftreten des Vertreters lediglich gebilligt wurde und nicht ausdrücklich beschlossen wurde, teilt die Beschwerdekammer vor dem Hintergrund einer konkludenten Beschlussfassung nicht.

Deshalb sieht die Kammer auch im vorliegenden Fall den Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse für den durch den Kollegen wahrgenommenen Haftprüfungstermin im beantragten Umfang als begründet an.

Die Kammer verkennt dabei nicht die Besonderheit des Falles, dass nämlich die Vertretung im Haftprüfungstermin zu einem Zeitpunkt erfolgte, als der bevollmächtigte Verteidiger noch nicht als Pflichtverteidiger beigeordnet war. Der Vergütungsanspruch ist gleichwohl gegeben, da dieser – wie oben ausgeführt – auch dem später beigeordneten Verteidiger zugestanden hätte und von Seiten des Gerichts, trotz anders lautender Vollmachtsurkunde, das Auftreten des Vertreters im Haftprüfungstermin gebilligt wurde.

b) Soweit die Kammer damit den Vergütungsanspruch für den Vertreter des Pflichtverteidigers grundsätzlich anerkennt, stellt sich daran anknüpfend die Frage, ob der Vergütungsanspruch dem Vertretenen oder dem Vertreter zusteht. Diesbezüglich folgt die Kammer der Auffassung, dass der Vergütungsanspruch dem Vertretenen und nicht dem Vertreter zusteht, weshalb vorliegend Rechtsanwalt K. ei...

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