GKG §§ 41 Abs. 1 S. 2, Abs. 2; 68 Abs. 1 S. 1 u. 5, 66 RVG § 32 Abs. 2
Leitsatz
- Setzt das LG als Berufungsgericht den Streitwert erstmals fest, so ist eine Streitwertbeschwerde zum OLG als nächsthöheres Gericht statthaft.
- Bei einer Räumungsklage berechnet sich der Streitwert auf der Grundlage des von den Beklagten zu zahlenden Entgelts für die Dauer eines Jahres. Dabei ist nur die Nettogrundmiete in Ansatz zu bringen, es sei denn, die Nebenkosten sind als Pauschale vereinbart.
OLG Koblenz, Beschl. v. 30.11.2012 – 2 W 636/12
1 Sachverhalt
Der Kläger hat in seiner Eigenschaft als Zwangsverwalter die Beklagten als Gesamtschuldner auf Räumung einer Wohnung in Anspruch genommen. Das AG hat die Beklagten gesamtschuldnerisch verurteilt, die vermieteten Räumlichkeiten, bestehend aus zwei Zimmern, Bad, Balkon und Spitzboden zu räumen und an den Kläger herauszugeben. Das LG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Es hat den Streitwert für das Berufungsverfahren im Urteil auf 5.703,96 EUR festgesetzt. Der Prozessbevollmächtigte der Berufungskläger hat mit einem beim LG eingegangenem Schriftsatz in eigenem Namen Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung eingelegt.
Das OLG hat die Beschwerde als zulässig angesehen, jedoch als unbegründet zurückgewiesen.
2 Aus den Gründen
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Die Zulässigkeit der Beschwerde ergibt sich aus §§ 68 Abs. 1 S. 1 und 5, 66 GKG i.V.m. § 32 Abs. 2 RVG. Der Statthaftigkeit der Beschwerde steht nicht entgegen, dass das LG als Berufungsgericht über das Urteil des AG entschieden hat. Soweit in der Rspr. die Auffassung vertreten wird, eine solche Beschwerde sei nicht zulässig, weil das nächsthöhere Gericht i.S.d. § 66 Abs. 3 S. 2 GKG das im Instanzenzug zur Entscheidung in der Hauptsache berufene Gericht sei, § 66 Abs. 3 S. 3 GKG aber ein Rechtsmittel zum BGH ausschließe (OLG Celle, Beschl. v. 17.11.2005 – 3 W 142/05, OLGR 2006, 191), wird diese Auffassung vom Senat nicht geteilt. Der Senat schließt sich der gegenteiligen Auffassung an, dass eine sofortige Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung als Berufungsgericht zum OLG als nächsthöheres Gericht möglich ist (Senatsbeschl. v. 18.4.2012 – 2 W 183/12 u. OLG Koblenz, Beschl. v. 12.2.2008 – 5 W 70/08, MDR 2008, 405 [= AGS 2008, 302]; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.9.2006 – I-24 W 45/06, 24 W 45/06 – v. 4.9.2006, MDR 2007, 605 f.; OLG Stuttgart, Beschl. v. 12.1.2012 – 13 W 38/11, ZMR 2012, 457 ff. 8; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 11.11.2008 – 4 W 88/08; OLG München, Beschl. v. 14.5.2009 – 32 W 1336/09, OLGR 2009, 533; OLG Celle, Beschl. v. 20.12.2006 – 2 W 501/06, OLGR 2007, 198; OLG Celle, Beschl. v. 17.11.2005 – 3 W 142/05, OLGR 2006, 270).
Die Beschwerde ist fristgerecht eingelegt worden (§§ 68 Abs. 1 S. 1 i.V.m. 63 Abs. 3 S. 2 GKG). Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 200,00 EUR (§ 68 Abs. 1 S. 3 GKG).
2. Die Beschwerde ist nicht begründet.
Das LG hat zu Recht den Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren auf der Grundlage des von den Beklagten zu zahlenden Entgelts für die Dauer eines Jahres bemessen (§ 41 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 GKG). Dabei richtet sich der Streitwert nach dem jährlichen Betrag der Nettogrundmiete. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sind die Nebenkosten nicht in die Streitwertbemessung einzubeziehen. Dies stellt sich lediglich dann anders dar, wenn die Nebenkosten als Pauschale vereinbart waren (BGH, Beschl. v. 30.10.2007 – VIII ZR 163/07, NZM 2007, 935). Werden hingegen, wie das LG in seiner Nichtabhilfeentscheidung zutreffend ausführt, lediglich die konkret anfallenden Betriebskosten geschuldet, sind die Vorauszahlungen nicht in die Streitwertbemessung einzubeziehen.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Zusatzvereinbarung nicht, dass die Parteien eine Abänderung des Mietvertrags auf der Grundlage einer Bruttomietvereinbarung mit Betriebskosten als Pauschale wollten. Auf die Mietzinshöhe wird lediglich im Zusammenhang mit einer Anrechnungsabrede Bezug genommen, ohne dass hiermit eine Vertragsänderung verbunden ist.
Bei der Bemessung des Streitwerts sind auch nicht – so der Beschwerdeführer – die Entscheidungen über die dingliche Berechtigung des Zwangsverwalters und die Einbeziehung des Wohnhauses in die Verwalterstellung zusätzlich einzubeziehen. Insbesondere ergibt sich aus der Mietzinsvorauszahlungsabrede im Wert von 30.000,00 EUR nicht, dass dieser Betrag in die Streitwertbemessung einzubeziehen wäre. Unerheblich für die Streitwertbemessung ist, dass die Parteien über die Berechtigung des Zwangsverwalters gestritten haben. Auch ist die Höhe des Mietrückstandes für die Streitwertbemessung nach § 41 Abs. 2 GKG ohne Belang. Das LG verweist in seiner Nichtabhilfeentscheidung zutreffend darauf, dass es sich hierbei lediglich um rechtliche Vorfragen des für die Berechtigung des allein streitwertbestimmenden Räumungsbegehrens handelt.
3 Anmerkung
Das OLG folgt damit der ganz einhelligen Rspr. Dies ist auch zutreffend und wird mit dem 2. KostRMoG nochmals ausdrücklich klargestellt (§ 1 Abs....