BGB § 242
Leitsatz
Zur Rechtsmissbräuchlichkeit des Kostenfestsetzungsverlangens bei Geltendmachung gleichartiger oder in innerem Zusammenhang zueinander stehender und aus einem einheitlichen Lebensvorgang erwachsener Ansprüche vor unterschiedlichen Gerichten.
BGH, Beschl. v. 20.11.2012 – VI ZB 3/12
1 Sachverhalt
Die Antragstellerin nahm die Antragsgegnerin wegen eines bebilderten Artikels über die Erkrankung von Ernst August Prinz von Hannover in der Zeitschrift "die aktuelle" im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung der Verbreitung der Behauptung in Anspruch, ihre Mutter sei mit ihr und ihrer Schwester Alexandra auf Capri gewesen, als die schockierende Nachricht bekannt geworden sei. Das LG gab dem Antrag statt und erlegte der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens auf. Den Gegenstandswert setzte das Gericht auf 10.000,00 EUR fest. Die Schwester der Antragstellerin erwirkte wegen derselben Behauptung in einem getrennten Verfahren vor dem LG Hamburg ebenfalls eine Unterlassungsverfügung. In einem gesonderten Verfahren vor dem LG Köln erwirkte die Antragstellerin eine einstweilige Verfügung, mit der der Beklagten die Veröffentlichung eines Lichtbilds untersagt wurde, das im Rahmen des genannten Artikels mit der Bildinnenschrift "Prinzessin Caroline wird von ihren Töchtern Charlotte und Alexandra im Urlaub begleitet" abgedruckt worden war. Die Mutter und Schwester der Antragstellerin ließen der Antragsgegnerin in jeweils getrennten Verfahren vor den LG Hamburg und Berlin im Wege der einstweiligen Verfügung die Veröffentlichung desselben Lichtbilds – die Mutter der Antragstellerin darüber hinaus eines weiteren Bildes – untersagen. Alle drei Betroffenen wurden von denselben Rechtsanwälten vertreten, die die Antragsgegnerin mit im Wesentlichen gleichlautenden Schreiben abmahnte.
In ihrem Kostenfestsetzungsantrag hat die Antragstellerin eine Vergütung in Höhe einer 1,3-fachen Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 VV nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 775,64 EUR zur Festsetzung angemeldet. Die Rechtspflegerin beim LG hat dem Antrag entsprochen. Hiergegen hat die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde mit der Begründung eingelegt, die Verfolgung der Unterlassungsansprüche in getrennten Verfahren sei rechtsmissbräuchlich und die hierdurch verursachten Mehrkosten nicht notwendig i.S.d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Antragstellerin müsse sich so behandeln lassen, als hätten sie und ihre Familienangehörigen ein einziges Verfahren durchgeführt. Die sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit der vom KG zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihr Begehren weiter.
Die Rechtsbeschwerde führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
2 Aus den Gründen
Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dass der von der Antragsgegnerin erhobene Einwand der rechtsmissbräuchlichen Rechtsverfolgung im Kostenfestsetzungsverfahren keine Berücksichtigung finden könne. Das Kostenfestsetzungsverfahren diene lediglich dazu, die vom Prozessgericht getroffene Kostengrundentscheidung der Höhe nach auszufüllen und sei deshalb auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und die Beurteilung einfacher Fragen des Kostenrechts zugeschnitten. Die Entscheidung zwischen den Parteien streitiger Tatsachen und komplizierter Rechtsfragen sei in diesem Verfahren nicht vorgesehen. Nach diesen Grundsätzen könne der Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren nicht überprüfen, ob das Vorgehen einer Partei gegen mehrere Parteien oder das Vorgehen mehrerer Parteien gegen eine Partei in getrennten Verfahren rechtsmissbräuchlich sei. Bei dieser Frage gehe es nicht um die Ausfüllung einer konkreten Kostengrundentscheidung, sondern um die Kürzung der Erstattungsansprüche aufgrund umfangreicher materiell-rechtlicher Erwägungen, die die Entscheidungsmacht und die Entscheidungsmöglichkeiten des Rechtspflegers überschreite und in die Kompetenz des Prozessrichters gehöre.
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Die Rechtsbeschwerde ist gem. § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Ihrer Statthaftigkeit steht nicht entgegen, dass dem angefochtenen Beschluss ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zugrunde liegt, in dem die Rechtsbeschwerde wegen des durch §§ 574 Abs. 1 S. 2, 542 Abs. 2 S. 1 ZPO begrenzten Instanzenzugs auch im Fall ihrer Zulassung ausgeschlossen ist (BGH, Beschl. v. 27.2.2003 – I ZB 22/02, BGHZ 154, 102). Diese Begrenzung gilt nicht für das Kostenfestsetzungsverfahren, das als selbstständige Folgesache mit einem eigenen Rechtsmittelzug ausgestattet ist (BGH, Beschl. v. 6.4.2005 – V ZB 25/04, NJW 2005, 2233 [= AGS 2005, 413]; v. 19.4.2007 – I ZB 47/06, GRUR 2007, 999; v. 6.12.2007 – I ZB 16/07, NJW 2008, 2040 Rn 6 [= AGS 2008, 366]).
2. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist der von der Antragsgegnerin erhobene Einwand, die Antragstellerin habe durch die Geltendmachung gleichgerichteter, auf identische Veröffentlichungen ...