ZPO §§ 91 Abs. 4, 103 Abs. 1, 126 Abs. 1
Leitsatz
Zahlt die obsiegende Partei im Verlaufe des Rechtsstreits auf einen vom gegnerischen Rechtsanwalt gem. § 126 Abs. 1 ZPO auf dessen eigenen Namen erwirkten Kostenfestsetzungsbeschluss und erlischt dessen Beitreibungsrecht durch die Aufhebung oder Änderung der vorläufigen Kostengrundentscheidung, so kann die obsiegende Partei die gezahlten Kosten gegen den Anwalt rückfestsetzen lassen.
BGH, Beschl. v. 20.11.2012 – VI ZB 64/11
1 Sachverhalt
Der Antragsgegner ist dem Kläger auf dessen Prozesskostenhilfeantrag hin vom LG als Prozessbevollmächtigter beigeordnet worden. Nachdem der Kläger in erster Instanz obsiegt hatte, beantragte der Antragsgegner gem. § 126 Abs. 1 ZPO im eigenen Namen die Festsetzung seiner Gebühren und Auslagen gegen die Beklagte. Das LG setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss v. 12.6.2009 die von der Beklagten an den Antragsgegner zu zahlenden Kosten auf 1.024,30 EUR nebst Zinsen fest. Die Beklagte zahlte den festgesetzten Betrag nebst Zinsen in Höhe von 8,55 EUR, d.h. insgesamt 1.032,85 EUR, an den Antragsgegner. Mit späterem Urteil änderte der BGH das Urteil des LG ab, wies die Klage ab und erlegte dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auf.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss hat das LG auf Antrag der Beklagten den von dieser auf den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12.6.2009 gezahlten Betrag gegen den Antragsgegner rückfestgesetzt. Mit seiner sofortigen Beschwerde hat der Antragsgegner geltend gemacht, die zurückzuzahlenden Kosten könnten nicht gegen den Prozessbevollmächtigten persönlich festgesetzt werden. Das OLG hat die sofortige Beschwerde mit der klarstellenden Maßgabe zurückgewiesen, dass die festgesetzten Kosten nebst Zinsen vom Antragsgegner zu erstatten seien. Mit der vom OLG zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsgegner sein Begehren weiter.
Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, das LG habe die Rückfestsetzung der von der Beklagten an den Antragsgegner als beigeordneten Prozessbevollmächtigten des Klägers gezahlten Kosten zu Recht vorgenommen. Zwar erfasse § 91 Abs. 4 ZPO nach seinem Wortlaut nicht den Fall, dass die obsiegende Partei an den Prozessbevollmächtigten der unterlegenen Partei, der sein Beitreibungsrecht nach § 126 Abs. 1 ZPO ausgeübt habe, gezahlt habe. Die Anwendbarkeit der Bestimmung müsse aber auf die vorliegende Fallkonstellation ausgedehnt werden. Denn der Sache nach sei es dem Gesetzgeber bei Einführung der Bestimmung darum gegangen, die Rückfestsetzung solcher Zahlungen im vereinfachten Kostenfestsetzungsverfahren abzusichern, die die im Rechtsstreit zunächst unterlegene Partei vor ihrem späteren Obsiegen geleistet habe, weil diese Kosten zunächst entsprechend festgesetzt worden seien. So liege die Sache hier, da die Zahlung an den Antragsgegner auf die entsprechende Kostenfestsetzung gemäß § 126 ZPO erfolgt sei. Die im Endeffekt obsiegende Partei dürfe nicht schlechter gestellt werden, als sie stände, wenn ihr Gegner und nicht dessen Prozessbevollmächtigter im eigenen Namen die Kostenfestsetzung beantragt hätte.
2 Aus den Gründen
Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners ist gem. § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass die mit Kostenfestsetzungsbeschluss v. 12.6.2009 gem. § 126 Abs. 1 ZPO zugunsten des Antragsgegners festgesetzten und von der Beklagten an diesen gezahlten Kosten nach der Abänderung des dem Kostenfestsetzungsbeschluss zugrunde liegenden Urteils des LG gegen den Antragsgegner rückfestgesetzt werden konnten. Dies ergibt sich aus einer Rechtsanalogie zu den Bestimmungen in § 91 Abs. 4, § 103 Abs. 1, § 126 Abs. 1 ZPO. Diesen Bestimmungen ist das übergeordnete Prinzip zu entnehmen, dass aufgrund einer vorläufigen Kostengrundentscheidung im Kostenfestsetzungsverfahren festgesetzte und von der obsiegenden Partei im Verlauf des Rechtsstreits gezahlte Kosten nach Änderung der Kostengrundentscheidung im selben Verfahren gegen den Titelgläubiger rückfestgesetzt werden können.
a) Gem. § 91 Abs. 4 ZPO gehören zu den Kosten des Rechtsstreits auch die Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlauf des Rechtsstreits gezahlt hat. § 91 Abs. 4 ZPO ist durch Art. 1 Nr. 3 des Ersten Gesetzes zur Modernisierung der Justiz vom 24.8.2004 (BGBl I 2198) eingefügt worden. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 15/1508, S. 16) sollte die herrschende Praxis, die eine Rückfestsetzung von im Kostenfestsetzungsverfahren festgesetzten Kosten unter bestimmten Voraussetzungen zuließ, gesetzlich abgesichert werden (vgl. BT-Drucks 15/1508, S. 16 f.). Es gebe keinen sachlichen Grund, weshalb der Gläubiger seinen Kostenerstattungsanspruch aufgrund eines vorläufigen Titels im vereinfachten Kostenfestsetzungsverfahren geltend machen könne, der zahlungsbereite Schuldner nach Aufhebung oder Änderung der Kostengrundentscheidung hingegen nicht. In beiden Fällen handele es sich um prozessuale Ansprüche, die materiell-rechtliche Entsprech...