BGB §§ 307, 305c ARB § 5
Leitsatz
- Eine in den Versicherungsbedingungen enthaltene Klausel, wonach bei Abschluss eines Vergleichs die getroffene Kostenregelung dem Obsiegen und Unterliegen entsprechen muss, ist unwirksam.
- Der Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs, wonach jede Partei ihre eigenen Kosten selbst trägt, ist danach nicht zu beanstanden.
AG Düsseldorf, Urt. v. 30.10.2012 – 52 C 7592/12
1 Sachverhalt
Der Kläger ist bei der Beklagten rechtsschutzversichert. Er erteilte seinem Prozessbevollmächtigten am 12.5.2012 den Auftrag, eine gegen ihn erhobene Forderung der Leasingbank aus einem Leasingvertrag wegen behaupteten Minderwerts, Gutachterkosten und Kilometer in Höhe von 5.356,75 EUR abzuwehren.
Die beklagte Rechtschutzversicherung erteilte Deckungsschutzzusage für die außergerichtliche und soweit erforderlich erstinstanzliche Interessenvertretung in dieser Angelegenheit.
Hiernach einigte sich der anwaltlich vertretene Kläger mit der Bank außergerichtlich, und zwar dahingehend, dass zur Abgeltung der geltend gemachten Ansprüche ein Betrag in Höhe von 1.832,26 EUR gezahlt werde. Hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten wurde vereinbart, dass jede Seite ihre Kosten selbst trage.
Die Prozessbevollmächtigten des Klägers rechneten sodann mit diesem ab, und zwar eine Geschäftsgebühr sowie eine Einigungsgebühr nebst Auslagen und Umsatzsteuer. Der Versicherer zahlte nur einen Teilbetrag und lehnte weitere Zahlungen unter Berufung auf § 5 Abs. 1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen ab. Nach diesen Bedingungen übernimmt der Versicherer nicht die Kosten, die im Zusammenhang einer einvernehmlichen Einigung entstanden sind, soweit sie nicht im Verhältnis des vom Versicherungsnehmer angestrebten Ergebnisses zum erzielten Ergebnis entsprechen.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger Freistellung der restlichen Anwaltsvergütung. Die Beklagte hat die Klageabweisung beantragt und war der Auffassung, dass dann noch eine Überzahlung vorliege. Gem. § 5 Abs. 1 der Versicherungsbedingungen sei sie nur verpflichtet, 34,2 % der Kosten zu übernehmen, entsprechend dem Verhältnis des mit der Rechtsverteidigung angestrebten Ergebnisses zum erzielten Ergebnis.
Die Klage hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Dem Kläger steht aus dem Versicherungsvertrag mit der Beklagten und der von ihr erteilten Kostendeckungszusage für die außergerichtliche Interessenwahrnehmung ein Anspruch auf vollständige Erstattung von Geschäfts- und Einigungsgebühr zu. Die Beklagte vermag sich nicht auf die entgegenstehende Klausel ihrer Versicherungsbedingung zu berufen, weil diese dem Kläger als ihrem Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt und sich zudem als überraschend erweist, sodass sie gem. §§ 307, 305c BGB unwirksam ist.
Der Versicherungsnehmer einer Rechtsschutzversicherung hat ein Interesse an einem möglicht lückenlosen Rechtsschutz bei der Wahrnehmung seiner Interessen. Von dieser Prämisse geht auch der BGH in der von den Parteien zitierten Entscheidung IV ZR 207/04 aus. Zu diesem Zweck schließt er den Versicherungsvertrag ab und leistet Prämien, er will sich damit auch vor Kosten durch die Rechtverteidigung bezüglich gegen ihn erhobener Ansprüche absichern. Mit der von der Beklagten angegebenen Deckungsschutzzusage für die außergerichtliche Interessenvertretung durfte er daher auch davon ausgehen, dass sein mit Abschluss des Vertrages verfolgtes Anliegen insoweit vom Erfolg gekrönt war. Er musste und durfte davon ausgehen, hinsichtlich der außergerichtlichen Anwaltskosten vollständig abgesichert zu sein. Dies wäre er auch ohne außergerichtliche Einigung mit seinem Anspruchsgegner gewesen. Aber gerade durch den Umstand, dass er es nicht auf eine gerichtliche Klärung des Sachverhalts ankommen ließ, sondern sich mit seinem Gegner außergerichtlich einigte, wobei der Einigung schon ein Entgegenkommen seinerseits immanent war, wurde durch die hier entscheidungsrelevante Klausel der Versicherungsbedingung plötzlich eine Kostentragungspflicht des Klägers letztlich wieder auferstehen. Hiermit musste er einerseits nicht rechnen, da dies zu dem mit dem Versicherungsschutz und der Anfrage nach Versicherungsschutz verfolgten Zweck in diametralem Gegensatz steht. Andererseits benachteiligt ihn diese Regelung auch in unangemessener Weise i.S.d. § 307 BGB. Der Kläger durfte mit der erteilten Schutzzusage vom lückenlosen Rechtsschutz ausgehen und er verfolgte mit der von ihm abgeschlossenen Versicherung genau dieses Interesse. Die Klausel des § 5 würde aber dazu führen, dass der Versicherungsnehmer durch Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs diesen lückenlosen Rechtsschutz zumindest teilweise verlieren und nur noch anteilsmäßig die angefallenen Kosten erstattet bekommen würde. Dies wiederum würde dazu führen, dass der Versicherungsnehmer neben seinen Überlegungen in der Sache auch Überlegungen zu den Kosten anstellen müsste, die je nach Höhe seiner Vergleichsbereitschaft auch noch unterschiedlich von ihm zu tragen wären. Damit aber nimmt die Regelung des § 5 der Versich...