RVG §§ 3a ff.; 33
Leitsatz
Begründet eine Partei die von ihr mit dem Ziel einer Erhöhung des Gegenstandswerts eingelegte Beschwerde damit, dass sie mit ihrem Anwalt eine wertunabhängige Vergütungsvereinbarung geschlossen habe und sich von der Heraufsetzung des Gegenstandswerts eine höhere Kostenerstattung verspreche, muss sie den Abschluss der behaupteten Vergütungsvereinbarung nachweisen.
OLG Stuttgart, Beschl. v. 13.9.2013 – 8 W 271/13
1 Sachverhalt
Mit Beschluss des AG wurde der Antrag der Gläubigerin auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin als unzulässig abgewiesen und der Verfahrenswert für die Gerichtskosten gem. § 58 Abs. 2 GKG auf 269.557,52 EUR festgesetzt. Die Gläubigerin hatte sich einer in dieser Höhe gerichtlich nicht geltend gemachten Forderung berühmt und den Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit angegeben. Auf das substantiierte Bestreiten sowohl des Bestehens der Forderung als auch des Insolvenzgrundes kam die Gläubigerin ihrer Pflicht zur Glaubhaftmachung nicht nach.
Unter Zugrundelegung der Bilanz der Schuldnerin mit festgestellten Aktiva von 321.411.020,74 EUR beantragte diese den Gegenstandswert für die Rechtsanwaltsgebühren für ihre Vertretung auf 30 Mio. EUR festzusetzen, was mit Beschluss des AG geschah.
Dagegen hat die Gläubigerin sofortige Beschwerde erhoben und zugleich mitgeteilt, dass über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Der Insolvenzverwalter habe erklärt, dass die Beschwerdeeinlegung für ihn erfolgt sei. Hierüber besteht im Übrigen zwischen den Parteien kein Streit mehr.
Der Beschwerdeführer vertritt jedoch die Auffassung, dass auch für die anwaltliche Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten der Schuldnerin der Gegenstandswert lediglich mit 269.557,62 EUR festgesetzt werden könne.
Dieser Rechtsmeinung hat sich das LG angeschlossen und zugleich die weitere Beschwerde zugelassen.
Dagegen hat die Schuldnerin weitere Beschwerde erhoben mit dem Ziel der Festsetzung des Gegenstandswerts für ihre Tätigkeit auf 30 Mio. EUR.
Das OLG hat die weitere Beschwerde als unzulässig verworfen.
2 Aus den Gründen
Die wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss des LG zugelassene weitere Beschwerde wurde fristgerecht eingelegt (§ 33 Abs. 6, Abs. 3 S. 3 RVG). Sie war dennoch als unzulässig zu verwerfen, weil es der Schuldnerin an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse für eine Heraufsetzung des Streitwerts auf 30 Mio. EUR fehlt.
Für die gerichtliche Wertfestsetzung nach der Sonderbestimmung des § 28 RVG gilt § 33 RVG (Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl. 2012, § 28 RVG Rn 12; Wolf in Schneider/Wolf, AnwK-RVG, 6. Aufl. 2012, § 28 Rn 2).
Unabhängig von dem in § 33 Abs. 2 S. 2 RVG geregelten Antragsrecht nicht nur des Rechtsanwalts, sondern auch seines Auftraggebers und unabhängig von der Zulassung der weiteren Beschwerde gem. § 33 Abs. 6 S. 1 RVG wegen der grundsätzlichen Rechtsfrage der Bestimmung des Gegenstandswerts gem. § 28 Abs. 1 S. 1 RVG für die Verfahrensgebühr nach Nr. 3313 VV des im Auftrag des Schuldners tätigen Rechtsanwalts nach dem Wert der Insolvenzmasse (§ 58 GKG) bei Zurückweisung des Gläubigerantrags auf Insolvenzeröffnung ist bezüglich der Zulässigkeit der weiteren Beschwerde nicht nur deren fristgerechte Erhebung (§ 33 Abs. 6, Abs. 3 S. 3 RVG) – hier am letzten Tag der zweiwöchigen Beschwerdefrist -, sondern auch – wie bei jedem Rechtsmittel – das Rechtsschutzinteresse bzw. das Vorhandensein einer Beschwer durch die angefochtene Entscheidung zu überprüfen.
An der "Beschwer an sich" fehlt es aber immer, wenn die Partei eine Streitwerterhöhung erstrebt oder der Prozessbevollmächtigte eine Streitwertermäßigung. Die Partei würde sich dadurch höheren Vergütungs- und Erstattungsansprüchen aussetzen, der Anwalt würde Einbußen seiner Vergütung erreichen. Keine Partei hat aber ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschwerde mit dem Ziel ihrer Verschlechterung (Mayer, a.a.O., § 33 RVG Rn 14; E. Schneider in Schneider/Wolf, a.a.O., § 33 RVG Rn 59).
Dies gilt hier umso mehr, als über das Vermögen der nach dem Beschluss des AG erstattungspflichtigen Gläubigerin das Insolvenzverfahren eröffnet wurde und damit letztlich eine Realisierung der beim Verfahrensbevollmächtigten der Schuldnerin angefallenen Anwaltskosten nicht möglich und demzufolge die Schuldnerin als Auftraggeberin mit diesen belastet sein wird.
Die weitere Beschwerde wurde aber ausdrücklich namens und in Vollmacht der Schuldnerin eingelegt – und nochmals betont: "Die Schuldnerin als Beschwerdeführerin der weiteren Beschwerde…" – mit dem Ziel der Erhöhung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit ihrer Verfahrensbevollmächtigten von 269.557,52 EUR auf 30 Mio. EUR, woraus sich eine Verschlechterung, d.h. eine Mehrbelastung der Schuldnerin in Höhe von 89.346,00 EUR netto ergibt (1,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 3313 VV aus dem Gegenstandswert von 30 Mio. EUR = 91.516,00 EUR und aus dem Gegenstandswert von 269.557,52 EUR = 2.170,00 EUR).
Auf diese Rechtslage wurde die Schuldnerin du...