GKG a.F. § 45 Abs. 4, Abs. 1 S. 2
Leitsatz
Der Wert eines Weiterbeschäftigungsantrags ist für die Festsetzung des Streitwerts nur dann zu berücksichtigen, wenn Rechtshängigkeit eingetreten ist. Dies ist nicht der Fall, wenn er in der Klageschrift lediglich angekündigt wird, letztlich jedoch nicht gestellt wird, beispielsweise, weil es keine mündliche Verhandlung mehr gab, nachdem man sich auf einen Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO geeinigt hat.
AG Lüneburg, Urt. v. 9.1.2013 – 9 C 215/12
1 Aus den Gründen
Die Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Freistellung bezüglich der Forderung seines Rechtsanwalts in Höhe von 166,06 EUR. Der Wert des Weiterbeschäftigungsantrags als unechter Hilfsantrag bleibt für die Errechnung der Rechtsanwaltsgebühren außer Betracht.
Ein solcher Antrag war in dem vorangegangenen Verfahren vor dem ArbG lediglich in der Klageschrift angekündigt worden, wurde aber letztlich nicht gestellt, weil es keine mündliche Verhandlung mehr gab, nachdem man sich auf den Abschluss eines Vergleichs gem. § 278 Abs. 6 ZPO geeinigt hatte. Eine Rechtshängigkeit des Antrags war also gar nicht eingetreten. Der Wert hätte lediglich dann für die Festsetzung des Streitwerts durch das Arbeitsgericht hinzu gerechnet werden dürfen, wenn es tatsächlich einen Gütetermin gegeben hätte, in dem der Antrag gestellt worden wäre. Der Wertfestsetzungsbeschluss des ArbG ist aber von dem Klägervertreter nicht innerhalb der zweiwöchigen Frist angefochten worden. Dies hätte der Klägervertreter schon aus Gründen der anwaltlichen Fürsorgepflicht tun müssen, um zu verhindern, dass der gar nicht rechtshängig gewordene Weiterbeschäftigungsantrag den Streitwert erhöht.
Die dadurch bedingten zusätzlichen Kosten hat der Klägervertreter daher im Ergebnis selbst zu verantworten.
Mitgeteilt von der Roland Rechtsschutzversicherung
2 Anmerkung
Es ist zu differenzieren: Wird mit der Kündigungsschutzklage ein Weiterbeschäftigungsantrag geltend gemacht, so ist dieser grundsätzlich zu bewerten (LAG Rheinland-Pfalz MDR 2009, 454; LAG Hamburg MDR 2002, 178; LAG Niedersachsen NZA 1989, 862). Wird der Antrag als unechter Hilfsantrag gestellt, ist er für die Anwaltsgebühren zu berücksichtigen, wenn über ihn entschieden oder eine vergleichsweise Regelung über ihn getroffen worden ist (LAG Düsseldorf v. 18.10.2006 – 6 Ta 551/06; LAG Baden-Württemberg AE 2008, 153; LAG Sachsen-Anhalt ArbR 2013, 305). Enthält die Einigung keine ausdrückliche Regelung über den Weiterbeschäftigungsantrag, nehmen das LAG Baden-Württemberg AE 2008, 153 und das LAG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 6.3.2007 – 1 Ta 8/07, eine Werterhöhung durch den Weiterbeschäftigungsantrag an, während das LAG Düsseldorf, Beschl. v. 18.10.2006 – 6 Ta 551/06 u. LAG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 8.5.2013 – 1 Ta 49/13 sie ablehnen.
Ob die Parteien in ihrer Einigung vorliegend auch die Frage der Weiterbeschäftigung des Klägers zum Gegenstand gemacht haben, ist nicht ersichtlich. Würde dies der Fall gewesen sein, wären der Weiterbeschäftigungsantrag auf Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG zu bewerten und der Wert für die Abrechnung der Anwaltsgebühren heranzuziehen.
Rechtsanwältin und FAFamR Lotte Thiel, Koblenz
AGS 2/2014, S. 80