Es ist festzustellen, dass das Verfahren wieder aufgenommen und fortgeführt wird (§ 321a Abs. 5 ZPO).
Die Gehörsrüge ist zulässig und begründet. Der BGH (Beschl. v. 30.7.2008 – II ZB 40/07 – [FamRZ 2008, 1925 f.]) hat entschieden, dass die Kostengrundentscheidung nicht gem. § 319 ZPO berichtigt werden kann, sodass der Beklagten ein anderweitiger Rechtsbehelf i.S.v. § 321a Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht zur Verfügung steht.
Es liegt ein Verstoß gegen das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör vor, weil ihr keine Gelegenheit zur Stellungnahme vor der endgültigen Festsetzung des Streitwertes für das Berufungsverfahren gegeben wurde. Die endgültige Wertfestsetzung erfolgt grundsätzlich nach Anhörung der Parteien (Hartmann, KostG, 44. Aufl., GKG, § 63, Rn 24 m.w.Nachw.).
Die Beklagte rügt zutreffend, dass der Streitwert für das Berufungsverfahren nur bis zur Rücknahme ihrer Berufung auf die Gebührenstufe bis 170.000,00 festgesetzt werden konnte. Für die Zeit danach war der Streitwert begrenzt auf den Berufungsantrag der Klägerin (Gebührenstufe bis 80.000,00 EUR). Wie die Kostenquote zu ermitteln ist, wenn vor einer abschließenden Entscheidung eine Berufung zurückgenommen wird, ist im Gesetz nicht geregelt. Der Senat folgt im Grundsatz der so genannten Mehrkostenmethode (dazu OLG Schleswig, Beschl. v. 3.9.2007 – 1 W 37/07, OLGR 2008, 89 – allerdings für eine teilweise Klagerücknahme in erster Instanz), wonach die Mehrkosten betragsmäßig zu ermitteln sind und in das Verhältnis zu den tatsächlich angefallenen Kosten gesetzt werden (vgl. dazu das Rechenbeispiel bei Anders/Gehle, Das Assessorexamen im Zivilrecht, 10. Aufl., S. 94). Eins zu Eins lassen sich die Grundsätze nicht auf die vorliegende Konstellation übertragen. Grundsätzlich werden die Werte zweier Berufungen für den Streitwert addiert. Damit ließe sich aber nicht abbilden, dass sich die Gerichtskosten nach vollständiger Berufungsrücknahme vor Terminierung gem. Nr. 1221 GKG-KostVerz. von 4 auf 1 Gebühr ermäßigen. Dies gilt natürlich nur für die Berufung der Beklagten. Man kann das Problem dadurch umgehen, dass man die Gerichtskosten nach den Teilstreitwerten ermittelt und dann addiert. Zwar werden dann rechnerisch fünf Gebühren berücksichtigt, dies kann aber hingenommen werden, weil der Betrag hinter der 4-fachen Gebühr des addierten Betrages zurückbleibt. Hinsichtlich der Verfahrensgebühr muss es allerdings bei der Addition der beiden Teilstreitwerte bleiben, weil diese mit der Einlegung der Berufung entstanden. Für die Terminsgebühr ist dann die bereits erfolgte Berufungsrücknahme zu berücksichtigen:
Gerichtskosten
Streitwert (§ 47 Abs. 1 S. 2 GKG)
103.361,00 EUR |
1 x |
1.026,00 EUR |
Streitwert
66.216,70 EUR |
4 x 786,00 EUR |
3.144,00 EUR |
Gesamt |
|
4.170,00 EUR |
RA-Kosten
Streitwert (VV 3100)
170.000,00 EUR |
1,3 x 1.843,00 EUR |
2.395,90 EUR |
Streitwert (VV 3104)
66.216,70 EUR |
1,2 x 1.333,00 EUR |
1.599,60 EUR |
Summe RA-Kosten |
|
3.995,50 EUR |
x 2 Parteien |
|
7.991,00 EUR |
Gesamtkosten |
|
12.161,00 EUR |
Vergleichsrechnung
Gerichtskosten |
4 x 786,00 EUR |
3.144,00 EUR |
RA-Kosten (VV 3100) |
1,3 x 1.333,00 EUR |
1.732,90 EUR |
RA-Kosten (VV 3104) |
1,2 x 1.333,00 EUR |
1.599,60 EUR |
Summe RA-Kosten |
|
3.332,50 EUR |
x 2 Parteien |
|
6.665,00 EUR |
Gesamtkosten |
|
9.809,00 EUR |
Insoweit obsiegt die Klägerin lediglich in Höhe von 15 % (10.216,70 EUR/66.216,70 EUR). Damit ist von einem Verhältnis von 8.337,65 [= 85 % von 9.809,00 EUR]/12.161 auszugehen, was eine Kostenquote vom 69 % zu 31 % zu ihren Lasten ergibt.
AGS 2/2015, S. 94 - 95