Leitsatz
Die Beiordnung eines Anwalts mit der Einschränkung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" ist mangels Rechtsgrundlage unzulässig.
LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 22.10.2014 – L 20 SO 401/14 B
1 Sachverhalt
Das SG Dortmund hatte der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt und ihre Bevollmächtigten zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts beigeordnet.
Gegen die in dem Beschluss erfolgte Beschränkung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" hat die Klägerin Beschwerde erhoben. Sie macht geltend, für eine solche Beschränkung bestehe keine Veranlassung. Die örtliche Zuständigkeit des SG Dortmund erstrecke sich auch auf andere Städte und Kreise. Zudem habe das SG Dortmund ihre Bevollmächtigten in der Vergangenheit in Streitverfahren anderer Kläger ohne jegliche Beschränkung beigeordnet.
Die Beschwerde hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die Bevollmächtigten der Klägerin sind nicht zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts, sondern unbeschränkt beizuordnen.
Zu Unrecht hat das SG Dortmund die Bevollmächtigten der Klägerin "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwaltes" beigeordnet. Für eine solche Einschränkung fehlt es an einer Rechtsgrundlage.
§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 121 Abs. 3 ZPO bestimmen, dass ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden kann, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Insofern mag offen bleiben, ob § 121 Abs. 3 ZPO überhaupt eine das Verhältnis des Rechtsanwalts zur Staatskasse betreffende Regelung trifft (vgl. hierzu LSG NRW, Beschl. v. 7.1.2014 – L 18 R 289/13 B); denn jedenfalls sind die Voraussetzungen für eine beschränkte Beiordnung hier nicht erfüllt.
Eine über die Vorgaben des § 121 Abs. 3 ZPO hinausgehende Einschränkung der Beiordnung auf einen Rechtsanwalt am Ort des Prozessgerichts ist ohnehin gesetzlich nicht vorgesehen (vgl. den Beschl. d. Senats v. 9.7.2014 – L 20 SO 272/14 B; ferner Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 7. Aufl. 2014, Rn 573).
Die Bevollmächtigten der Klägerin waren auch nicht nur zu den Bedingungen eines im Bezirk des SG Dortmund ansässigen Rechtsanwalts, sondern unbeschränkt beizuordnen. Zwar haben die Bevollmächtigten ihren Kanzleisitz in Essen und damit nicht in dem Gerichtsbezirk des SG Dortmund (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 5 des Gesetzes zur Ausführung des SGG im Lande Nordrhein-Westfalen (AG-SGG)). Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass durch deren Beiordnung gegenüber der Beiordnung eines in diesem Gerichtsbezirk niedergelassenen Rechtsanwalts Mehrkosten entstehen können (vgl. § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 121 Abs. 3 ZPO). Das gilt insbesondere für etwaige Reisekosten der Bevollmächtigten zur Wahrnehmung eines Gerichtstermins in Dortmund, die gegebenenfalls als Auslagen nach § 46 Abs. 1 RVG geltend gemacht werden können; denn die Kanzlei der Bevollmächtigten liegt ca. 39 km vom Sitz des Sozialgerichts entfernt. Ein im Bezirk des Sozialgerichts, etwa in Soest oder in Siegen niedergelassener Rechtsanwalt, hätte mit ca. 49 km (Entfernung Soest/Sozialgericht Dortmund) jedoch vergleichbare bzw. mit ca. 99 km (Entfernung Siegen/Sozialgericht Dortmund) sogar weitaus höhere Entfernungen zurückzulegen (vgl. zu den Entfernungen www.entfernung.himmera.com/suche).
3 Anmerkung
Grundsätzlich ist ein Anwalt nach § 121 Abs. 1 ZPO uneingeschränkt beizuordnen.
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Hat der Anwalt seine Kanzlei im Gerichtsbezirk, allerdings an einem anderen Ort, entstehen Reisekosten zum Gericht. In diesem Fall ist allerdings eine einschränkende Beiordnung unzulässig. Die ZPO sieht die Möglichkeit einer eingeschränkten Beiordnung nur für einen Anwalt vor, der seine Kanzlei außerhalb des Gerichtsbezirks unterhält, nicht aber für den Anwalt, der seine Kanzlei im Gerichtsbezirk hat. Eine Beschränkung zu den Bedingungen eines "ortansässigen" Anwalts ist daher unzulässig. Häufig finden sich auch hier Formulierungen, dass der Anwalt beigeordnet wird zu den Bedingungen eines "im Gerichtsbezirk niedergelassenen" Anwalts. Diese Einschränkung ist letztlich gegenstandslos und daher unschädlich, da dem Anwalt ohnehin keine höheren Reisekosten entstehen können als die eines im Gerichtsbezirk niedergelassenen Anwalts. |
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Wird der Anwalt zu Unrecht zu den Bedingungen eines "ortsansässigen" Anwalts beigeordnet, muss binnen eines Monats (§ 127 Abs. 3 ZPO) sofortige Beschwerde eingelegt werden. Anderenfalls wird die einschränkende Beiordnung rechtskräftig und bindet den Kostenfestsetzungsbeamten. |
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Strittig ist, wer insoweit beschwerdeberechtigt ist. Nach zutreffender Ansicht sind insoweit sowohl der Anwalt als auch der bedürftige Beteiligte beschwerdeberechtigt. |
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Wird ein Anwalt außerhalb des Gerichtsbezirks beigeordnet, so ist wiederum zu prüfen, ob ein Anspruch auf einen Verkehrsanwalt besteht. Ist dies der Fall, muss zusätzlich zu dem Anwalt am Ort des Gerichts ein Verkehrsanwalt am Ort der Partei beigeordnet werden (§ 121 Abs. 4 ZPO; § 78 Abs. 4 FamFG). |
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