Leitsatz
Eine Terminsgebühr für einen ausgefallenen Termin erhält der Verteidiger nur dann, wenn er in Unkenntnis der Absetzung zum Termin erscheint, also wenn er im Gerichtsgebäude mit dem Ziel der Teilnahme an dem Gerichtstermin erscheint.
OLG München, Beschl. v. 4.8.2014 – 6 St (K) 22/14
1 Sachverhalt
Rechtsanwalt H. war der Angeklagten als Pflichtverteidiger beigeordnet worden.
Später hat Rechtsanwalt H. die Festsetzung seiner Gebühren beantragt. Dabei hatte er auch für den ausgefallenen eigentlichen 116. Hauptverhandlungstag am 27.5.2014 eine Terminsgebühr Nr. 4121 VV in Höhe von 434,00 EUR in Ansatz gebracht.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die für den abgesetzten Termin vom 27.5.2014 in Ansatz gebrachte Terminsgebühr nicht bewilligt, da die Abladung am 26.5.2014 rechtzeitig erfolgt sei. Für den Anfall der Gebühr genüge nicht die Anreise zum Termin, mit der Absicht, an diesem teilzunehmen.
Gegen den Festsetzungsbeschluss legte Rechtsanwalt H. Erinnerung ein. Er ist der Ansicht, der Absatz der beantragten Terminsgebühr für den 27.5.2014 sei rechtsfehlerhaft. Die Benachrichtigung von der Aufhebung des Termins vom 27.5.2014 sei zwar am Vortag erfolgt, mit Blick auf die Terminierung sei dies jedoch nicht als rechtzeitig anzusehen, da er sich zum Zeitpunkt der Versendung der Mitteilung über die Terminsaufhebung aufgrund seiner Teilnahme an dem Hauptverhandlungstermin vom 26.5.2014 in München aufgehalten habe und zur Vermeidung deutlich höherer Reisekosten wegen des am 28.5.2014 folgenden Hauptverhandlungstages auch nicht abgereist sei. Da er keine Akten aus anderen Mandaten mitgeführt habe, habe er seine Arbeitszeit, ausgenommen einen Haftbesuch bei seiner Mandantin, nicht anderweitig nutzen können. Der vorliegende Fall sei mit demjenigen gleichzusetzen, in dem ein Rechtsanwalt die Anreise bereits begonnen hat und zu diesem Zeitpunkt über die Terminsaufhebung noch nicht in Kenntnis gesetzt worden war.
Die Vertreterin der Staatskasse hat dargelegt, dass nur das Erscheinen im Termin mit körperlicher Anwesenheit bzw. das Betreten des Gerichtsgebäudes mit dem Ziel der Verhandlung eine Terminsgebühr auslösen könne, vorausgesetzt, der Rechtsanwalt sei nicht rechtzeitig von der Aufhebung des Termins in Kenntnis gesetzt worden. Der Verteidiger sei rechtzeitig am Vortag von der Terminsaufhebung informiert worden. Der Umstand, dass er auswärts ansässig sei und möglicherweise den ausgefallenen Terminstag nicht in der üblichen Weise habe nutzen können, rechtfertige keine andere Betrachtungsweise.
Die Erinnerung, der die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle nicht abgeholfen und die sie dem Senat vorgelegt hat, hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
Ein Rechtsanwalt verdient die Terminsgebühr nach Nr. 4121 VV für die Teilnahme an der Hauptverhandlung (Vorbem. 4 Abs. 3 S. 1 VV). Er erhält die Terminsgebühr auch dann, wenn er zu einem anberaumten Termin erscheint, dieser aber aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht stattfindet (Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV). Dies gilt nicht, wenn er rechtzeitig von der Aufhebung oder der Verlegung des Termins Kenntnis erlangt hat (Vorbem. 4 Abs. 3 S. 3 VV).
Der klare und eindeutige Wortlaut der genannten Vorschriften macht damit das Entstehen der Terminsgebühr von der Teilnahme an bzw. dem Erscheinen zu einem anberaumten Termin abhängig. Zu einem Termin erscheint ein Rechtsanwalt, wenn er im Gerichtsgebäude mit dem Ziel der Teilnahme an dem Gerichtstermin körperlich anwesend ist (Senat, Beschl. v. 14.3.2014, 6 St (k) 5/14; Beschl. v. 19.7.2013, 6 St (k) 15/13; OLG München NStZ-RR 2008, 159).
Soweit "entgegen dem Wortlaut" der Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV die Auffassung vertreten wird, für den Anfall der Gebühr genüge bereits die Anreise zum Termin (Burhoff in: Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl. [2013], Vorbem. 4 VV Rn 40), kann sich der Senat dieser Rechtsmeinung nicht anschließen. Ist der Wortlaut einer Vorschrift eindeutig und führt er zu einer sinnvollen Anwendung der Vorschrift, so kann ihr durch Auslegung nicht ein erweiternder Anwendungsbereich beigelegt werden (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 57. Aufl. [2014], Einl. Rn 193 f., 196). Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV ist eine Ausnahmeregelung (OLG München NStZ-RR 2008, 159), die eng auszulegen ist. Wollte man bereits die Anreise zu einem Gerichtstermin für ein Erscheinen im Sinne der Vorschrift ausreichen lassen, führte dies zu erheblichen Abgrenzungsproblemen (dazu OLG München NStZ-RR 2008, 159, 160). Derartige Abgrenzungsprobleme werden durch die hier vertretene enge Auslegung der Vorbem. 4 Abs. 3 VV sachgerecht vermieden.
An dieser bereits in seinem Beschl. v. 14.3.2014, 6 St (k) 5/14, vertretenen Rechtsansicht hält der Senat fest. Sie findet ihre Bestätigung in den Gesetzesmaterialien. Dort ist zu Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV ausgeführt, es sei kein Grund ersichtlich, warum ein Verteidiger, der zur Hauptverhandlung erscheine, hierfür keine Gebühr erhalten solle. Er erbringe unter Umständen einen nicht unerheblichen Zeitaufwand schon zur Vorbereitung des Termins (BT-Drucks 15/1971, S. 221). H...