In der Rechtsschutzversicherung gilt das sogenannte Quotenvorrecht (§ 86 Abs. 1 S. 2 VVG). Das bedeutet, dass sich der Versicherungsnehmer an Kostenerstattungsansprüchen so lange bedienen darf, bis sämtliche vom Versicherungsschutz nicht gedeckten Kosten (insbesondere Selbstbeteiligung, Reisekosten des Anwalts, Parteikosten) ausgeglichen sind. Erst hiernach geht der Kostenerstattungsanspruch auf den Versicherer über.[1]
Beispiel
Der Mandant ist rechtsschutzversichert mit einer Selbstbeteiligung von 300,00 EUR. Er erhält Deckungsschutz für eine Klage über 10.000,00 EUR. Der Beklagte wird verurteilt, 8.000,00 EUR zu zahlen. Die Kosten des Verfahrens werden zu 20% dem Kläger und zu 80% dem Beklagten auferlegt. Nach Ausgleichung der Kosten werden zugunsten des Klägers 1.200,00 EUR gegen den Beklagten festgesetzt.
Zwar geht der Kostenerstattungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten nach § 86 Abs. 2 S. 1 VVG auf den Rechtsschutzversicherer über; allerdings darf das nicht zum Nachteil des Klägers geschehen (§ 86 Abs. 1 S. 2 VVG). Daher verbleibt der Kostenerstattungsanspruch in Höhe der Selbstbeteiligung von 300,00 EUR beim Kläger und geht nur in Höhe von 900,00 Euro auf den Rechtsschutzversicherer über.
Voraussetzung für die Anwendung des Quotenvorrechts ist aber, dass ein Kostenerstattungsanspruch gegen den Gegner oder Dritte besteht (in Straf- und Bußgeldsachen gegen die Landeskasse). Zwar wird die Auffassung vertreten, dass sich das Quotenvorrecht auch auf überzahlte und damit zurück zu gewährende Gerichtskosten erstrecke.[2] Diese Auffassung ist jedoch unzutreffend, da es sich insoweit nicht um einen Kostenerstattungsanspruch gegen den Gegner handelt, sondern um ein Abrechnungsguthaben gegen die Landeskasse.[3]
Norbert Schneider
AGS 2/2016, S. 104
Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?
Jetzt kostenlos 4 Wochen testen