Leitsatz
- Bei der Bemessung des Verfahrenswertes einer Ehesache gem. § 43 FamGKG ist hinsichtlich des Vermögens für jeden Ehegatten grundsätzlich ein Freibetrag von derzeit 60.000,00 EUR abzuziehen. Da es bei der Verfahrenswertbestimmung nicht darauf ankommt, wem entsprechende Vermögenswerte zustehen, ist der Freibetrag auch jedem Ehegatten zuzuerkennen, selbst wenn nur ein Ehegatte positives Vermögen aufweist.
- Vermeintliche Anrechte, die keine für den Versorgungsausgleich in Betracht zu ziehende Anrechte i.S.d. VersAusglG sein können (hier: angegebene Kapitallebensversicherung), sind im Rahmen der Verfahrenswertbestimmung gem. § 51 FamGKG nicht zu berücksichtigen.
OLG Bamberg, Beschl. v. 28.12.2016 – 2 WF 225/16
1 Sachverhalt
Das FamG hatte im Verbundverfahren den Verfahrenswert auf insgesamt 139.820,73 EUR festgesetzt. Dabei ist das FamG von den übereinstimmenden Vorträgen der Verfahrensbevollmächtigten zum Einkommen der beteiligten Ehegatten und zum Wert des positiven und negativen Vermögens ausgegangen. Hinsichtlich des Vermögenswertes hat das FamG pro Ehegatte einen Freibetrag von 60.000,00 EUR berücksichtigt und vom verbleibenden Vermögenswert 5 % als den Verfahrenswert mitbestimmend angesetzt. Hinsichtlich des Versorgungsausgleichs hat das AG fünf Anrechte in Ansatz gebracht.
Hiergegen hat der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers aus eigenem Recht Beschwerde gegen die Verfahrenswertfestsetzung erhoben. Er macht geltend, dass bezüglich des Ansatzes des Vermögens ein Freibetrag allenfalls i.H.v. 30.000,00 EUR für jeden Ehegatten in Betracht komme. Da nur der Antragsteller über Vermögen verfüge, sei der Antragsgegnerin der Freibetrag nicht zuzuerkennen. Der Verfahrenswert der Ehesache sei daher nicht mit 15.155,73 EUR wie in der angefochtenen Entscheidung, sondern mit 17.643,33 EUR festzusetzen. Im Rahmen des Versorgungsausgleichs seien sechs Anrechte zu prüfen gewesen, weshalb sich auch unter Berücksichtigung von sechs Anrechten der diesbezügliche Teilverfahrenswert nach § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG ergebe, somit statt 6.675,00 EUR ein Teilwert von 7.708,56 EUR für die Folgesache Versorgungsausgleich. Der Gesamtwert belaufe sich daher auf 143.351,89 EUR.
Hinsichtlich des Verfahrensgegenstands Zugewinnausgleich sei statt des Betrags von 100.000,00 EUR ein solcher i.H.v. 500.000,00 EUR anzusetzen, da nach der in der Sitzung des FamG zustande gekommenen umfassenden Ehescheidungsfolgenvereinbarung und nach dem nicht angefochtenen Verbundbeschluss die Antragsgegnerin den ursprünglich mit 100.000,00 EUR bezifferten Antrag auf Zahlung eines Zugewinnausgleichs erhöht habe auf den Betrag von 500.000,00 EUR.
Mit unwidersprochenem Schriftsatz hat der Antragsgegnervertreter mitgeteilt, dass der Antragsteller eine Ausgleichszahlung an die Antragsgegnerin gezahlt habe. Die Unwirksamkeit der zustande gekommenen Vereinbarung wurde nachfolgend von keinem der Beteiligten behauptet.
2 Aus den Gründen
1. Die Beschwerde des Rechtsanwalts S. ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg und ist daher zurückzuweisen.
Die Bemessung des Teilgegenstandswerts Ehesache ist nicht zu beanstanden. Entgegen den Ausführungen der Beschwerde ist die Festsetzung durch das AG nicht zu korrigieren. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach § 43 FamGKG in Ehesachen der Verfahrenswert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten nach Ermessen zu bestimmen ist. Damit ist auch vorliegend eine Einzelfallentscheidung zu treffen. Hierbei hat das AG zutreffend in Übereinstimmung auch mit den Darstellungen in der Beschwerde das gemeinsame Vermögen der beteiligten Ehegatten mit 155.914,54 EUR in Ansatz gebracht. Dass das AG hierbei keine Rundung vorgenommen hat, ist hinzunehmen.
Hiervon konnte das AG für jeden Ehegatten einen Freibetrag von 60.000,00 EUR abziehen. Das Beschwerdegericht sieht keinen Anlass, von der ständigen Rspr. beider Familiensenate des OLG Bamberg abzuweichen, wonach der Freibetrag für jeden Ehegatten grundsätzlich derzeit mit 60.000,00 EUR zu bemessen ist. Der Einzelmeinung des OLG Brandenburg in der vom Beschwerdeführer zitierten Entscheidung v. 11.2.2016 (10 WF 71/15 = FamRZ 2016, 1298 [= AGS 2016, 337]), wonach Freibeträge für jeden Ehegatten nicht mehr anzusetzen seien, vermag das Beschwerdegericht nicht zu folgen. Der Ansatz entsprechender Freibeträge entspricht der im Übrigen ganz h.M. (vgl. hierzu z.B. OLG Stuttgart FamRZ 2016, 164 [= AGS 2015, 133]; T. Schmidt, in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl., 2017, Kostenrechtliche Hinweise in Familiensachen (Teil 2), Rn 71).
Im vorliegenden Einzelfall ist es auch nicht unangemessen, den Freibetrag mit 60.000,00 EUR je Ehegatten festzulegen.
Da es bei der Verfahrenswertbestimmung nicht darauf ankommt, wem entsprechende Vermögenswerte zustehen, ist der Freibetrag auch jedem Ehegatten zuzuerkennen, selbst wenn – wie vorliegend – nur ein Ehegatte positives Vermögen aufweist.
2. Auch de...