FamGKG §§ 33, 35, 42 Abs. 1, 51
Leitsatz
- Wenn anstelle eines Unterhaltsanspruchs durch Vertrag (hier: Ehe- und Erbvertrag zur Regelung des Getrenntlebens) eine Leibrentenverpflichtung eingegangen wird, richtet sich der Verfahrenswert nach §§ 42, 35, 33 FamGKG, 9 ZPO (dreieinhalbfacher Jahresbetrages der monatlich zu zahlenden Leibrente).
- Nach § 51 FamGKG (Zahlbetrag der ersten 12 Monate) richtet sich der Verfahrenswert nur, wenn die gesetzlichen Unterhaltsansprüche durch Vertrag modifiziert oder abgeändert werden.
OLG München, Beschl. v. 24.3.2017 – 16 WF 307/17
1 Sachverhalt
Die Beteiligten sind verheiratet.
Am 10.9.2012 schlossen sie zur Urkunde des Notars G. unter der Urkundenrollen-Nr. ...12 G/2012 einen Ehe- und Erbvertrag zur Regelung des Getrenntlebens.
Unter der Überschrift "Unterhalt" enthält dieser folgende Regelungen:
1. "Leibrente"
a) Der Ehemann verpflichtet sich hiermit, ab dem 1.10.2012 an die Ehefrau auf deren Lebensdauer einen Betrag in Höhe von monatlich 500,00 EUR zu zahlen. Dieser Betrag soll ausdrücklich nicht den Vorschriften über den gesetzlichen Ehegattenunterhalt unterliegen. ...
c) Zwangsvollstreckungsunterwerfung
Wegen der vorstehenden Zahlungsverpflichtung unterwirft sich der Ehemann der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in sein gesamtes Vermögen. ...
e) Auflösende Bedingung
Die Vereinbarung zur Zahlung der Leibrente gem. a) i.V.m. d) entfällt ab dem Zeitpunkt, ab dem die Ehefrau erneut die Ehe oder eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingeht oder in einer verfestigten nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebt mit Wirkung für die Zukunft. ...“
Es folgen weiterhin Bestimmungen über den Trennungsunterhalt. Dahingehend haben die Beteiligten in der Urkunde niedergelegt, dass sie für die Vergangenheit auf wechselseitige Trennungsunterhaltsansprüche verzichten und für die Zukunft der Trennungsunterhalt unberührt bleiben soll, wobei die Beteiligten davon ausgehen, dass aufgrund der Leibrentenverpflichtung kein ungedeckter Unterhaltsbedarf der Ehefrau bestand.
Unter Ziffer 3 der Urkunde vereinbarten die Beteiligten einen wechselseitigen Verzicht auf den gesetzlichen nachehelichen Unterhalt.
Mit Schriftsatz v. 7.4.2016 beantragte der Antragsteller (Ehemann) die Zwangsvollstreckung aus der vorgenannten Urkunde für unzulässig zu erklären.
Weiterhin beantragte er im Wege der einstweiligen Anordnung, die Vollstreckung aus dieser Urkunde einstweilen einzustellen.
Dies begründete der Antragsteller damit, dass die Antragsgegnerin zwischenzeitlich in einer verfestigten eheähnlichen Lebensgemeinschaft lebe.
Dem ist die Antragsgegnerin entgegengetreten.
Des Weiteren hat sie im Wege des Wiederantrages beantragt, festzustellen, dass sie mit dem Antragsteller nicht in eheähnlicher Lebensgemeinschaft lebe. Sie hat weiterhin beantragt, den Antragsteller zu verpflichten, vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 650,34 EUR zu bezahlen. Schließlich hat sie beantragt, den Antragsteller zu verpflichten, die Einkommenssteuerbescheide für die Kalenderjahre 2012, 2013 und 2014 an die Antragsgegnerin herauszugeben.
Das FamG hat den Antrag des Antragstellers, die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde für unzulässig zu erklären, abgewiesen. Auf die Wideranträge der Antragsgegnerin hat es festgestellt, dass diese nicht in einer verfestigten nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebe, den Antragsteller verpflichtet, 650,34 EUR vorgerichtliche Kosten zuzüglich Prozesszinsen zu bezahlen, sowie die Einkommenssteuerbescheide für die Kalenderjahre 2012, 2013 und 2014 herauszugeben.
Durch weiteren Beschluss hat das FamG den Verfahrenswert auf 6.000,00 EUR festgesetzt. Es hat hierbei die monatliche Zahlungspflicht i.H.v. 500,00 EUR aus der notariellen Urkunde zugrunde gelegt und den Verfahrenswert gem. § 51 FamGKG in Höhe des Jahresbetrages angenommen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnervertreterin. Diese beantragt, den Verfahrenswert für den Vollstreckungsgegenantrag i.H.v. 21.000,00 EUR festzusetzen. Weiterhin beantragt sie, den Verfahrenswert für den Antrag auf einstweilige Einstellung der Vollstreckung i.H.v. der Hälfte, d.h. 12.500,00 EUR, festzusetzen. Der Beschwerde hat FamG nicht abgeholfen.
2 Aus den Gründen
1. Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet.
Der Verfahrenswert ist gem. §§ 42, 35, 33 FamGKG in Höhe des 3½fachen Jahresbetrages der aus der notariellen Urkunde zu zahlenden monatlichen Leibrente i.H.v. 500,00 EUR festzusetzen.
Die Bestimmung des § 51 FamGKG kann zur Bewertung dieses Anspruchs nicht herangezogen werden. Ist der Unterhalt durch Vertrag geregelt, richtet sich der Verfahrenswert nach § 51 FamGKG, wenn die gesetzlichen Unterhaltsansprüche modifiziert oder abgeändert werden. Demgegenüber richtet sich der Verfahrenswert nach §§ 42, 35, 33 FamGKG, 9 ZPO, wenn vertraglich ein völlig eigenständiger Unterhaltsanspruch geschaffen wird. Entsprechendes gilt auch, wenn anstelle eines Unterhaltsanspruchs durch Vertrag eine Leibrentenverpflichtung eingegangen wird (O...