FamGKG § 51 Abs. 3 ; FamFG § 231 Abs. 2 EStG § 64 Abs. 2 S. 1 u. 3
Leitsatz
- Bei dem Verfahren auf Bestimmung des Kindergeldberechtigten gem. § 64 Abs. 2 S. 3 EStG handelt es sich um eine Unterhaltssache nach § 231 Abs. 2 FamFG und zugleich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit.
- Bei der Bestimmung des Kindergeldberechtigten ist für die Eröffnung der Beschwerde daher ein Wert des Beschwerdegegenstandes von mehr als 600,00 EUR erforderlich.
- Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist selbstständig und unabhängig von dem sich aus § 51 Abs. 3 FamGKG ergebenden Verfahrenswert zu bestimmen.
OLG Jena, Beschl. v. 14.2.2013 – 2 WF 642/12
1 Sachverhalt
Der Antragsteller ist der Vater des volljährigen Antragsgegners, der am 15.9.2009 in seinen Haushalt wechselte. Im Zeitraum vom 1.10.2010 bis einschließlich September 2011 vereinnahmte der Antragsteller das Kindergeld für den Antragsgegner weiter, obwohl er, was der Familienkasse nicht bekannt war, in diesem Zeitraum nicht mehr beim Antragsteller wohnte. Er zahlte das Kindergeld aber an seinen Sohn aus. Die Familienkasse hob die Bewilligung rückwirkend zum 1.10.2010 auf, weil der Antragsgegner in den Haushalt der Kindesmutter zurückgekehrt sei und forderte die Rückzahlung des Kindergelds in Höhe von 2.024,00 EUR. Im Einspruchsverfahren wurde der Nachweis verlangt, dass der Antragsgegner im streitgegenständlichen Zeitraum nicht im Haushalt eines Elternteils gelebt, keinen Barunterhalt vereinnahmt habe und das FamG die Bestimmung des Kindergeldberechtigten für den Antragsteller treffe. Der Antragsteller stellte daraufhin beim FamG einen Antrag auf Bestimmung des Bezugsberechtigten des Kindergeldes, rückwirkend für den Zeitraum 1.10.2010 bis zum 31.7.2011, der zurückgewiesen wurde. Die Zurückweisung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass § 64 Abs. 2 S. 3 EStG in den Fällen, in denen eine Bezugsberechtigung rückwirkend zu bestimmen sei, keine Anwendung finde. Der Verfahrenswert wurde auf 300,00 EUR festgesetzt.
Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Ziel, eine gerichtliche Kindergeldbezugsberechtigung herbeizuführen, weiter.
Das OLG hat die Beschwerde als unzulässig verworfen.
2 Aus den Gründen
Die vom Antragsteller eingelegte Beschwerde ist zwar gem. § 58 FamFG statthaft, da sie sich gegen eine im erstinstanzlichen Verfahren ergangene Endentscheidung des AG richtet (vgl. KG, Beschl. v. 12.7.2010 – 16 UF 79/10, FamRZ 2011, 494; OLG Nürnberg, Beschl. v. 16.2.2011 – 7 WF 161/11, FamRZ 2011, 1243 f.). Sie ist auch gem. §§ 63, 64 FamFG form- und fristgerecht eingelegt worden.
Die Bestimmung des Kindergeldberechtigten nach § 64 Abs. 2 S. 3 des EStG ist nach dem neuem Recht eine Unterhaltssache (§ 231 Abs. 2 FamFG). Da diese nicht in den Katalog der Familienstreitsachen aufgenommen ist (§ 112 Nr. 1 FamFG), handelt es sich dabei um eine Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit. “...” Sie ist jedoch vorliegend deswegen nicht zulässig, weil weder das AG die Beschwerde gem. § 61 Abs. 2 FamFG zugelassen hat noch – wie nach § 61 Abs. 1 FamFG erforderlich – der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt.
Bei dem Verfahren auf Bestimmung des Kindergeldberechtigten gem. § 64 Abs. 2 S. 3 EStG handelt es sich zwar gem. § 112 Nr. 1 FamFG nicht um eine Familienstreitsache, nach § 231 Abs. 2 FamFG, aber um eine Unterhaltssache und zugleich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit (Anschluss OLG Celle FamRZ 2011, 1616 f. [= AGS 2011, 338] und FamRZ 2012, 1963 f.; OLG Nürnberg, Beschl. v. 16.2.2011 – 7 WF 161/11, FamRZ 2011, 1243 f. = AGS 2011, 198 f.; Zöller/Feskorn, FamFG § 61 Rn 4; Finke, FPR 2012, 155, 159; Thiel, AGS 2011, 157). Die familiengerichtliche Bestimmung des Kindergeldberechtigten hat zwar regelmäßig keine wesentliche unmittelbare wirtschaftliche Bedeutung, da zwischen den Berechtigten – etwa im Rahmen des Unterhaltes – ein entsprechender Ausgleich stattfindet. Da die Bestimmung jedoch insofern einen nicht unerheblichen Berechnungsfaktor klärt – wird etwa Kindesunterhalt abzüglich des hälftigen Kindergeldes oder Kindesunterhalt zuzüglich des hälftigen Kindergeldes geschuldet –, ist ein deutlich vermögensrechtlicher Charakter gegeben (OLG Celle a.a.O.).
Insofern ist auch bei der Bestimmung des Kindergeldberechtigten für die Eröffnung der Beschwerde ein Wert des Beschwerdegegenstandes von mehr als 600,00 EUR erforderlich (vgl. OLG Celle a.a.O.; so ausdrücklich auch Prütting/Helms-Bömelburg, FamFG § 232 Rn 48; Thiel, AGS 2011, 157; Finke, FPR 2012, 155, 159).
Dabei ist der Wert des Beschwerdegegenstandes selbstständig, insbesondere unabhängig von dem in § 51 Abs. 3 FamGKG vorgegebenen Verfahrenswert zu bestimmen. Allerdings ist die gesetzgeberische Überlegung, warum als Verfahrenswert die geringstmögliche Gebührenstufe bestimmt worden ist, auch bei der Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstandes von Bedeutung. In der Gesetzesbegründung zu dem – im Gesetzgebungsverfahren nicht weiter veränderten – § 51 Abs. 3 des Regierungsentwurfes heißt es insofern (BT-Drucks 16/6308 S. 307): "Die Gebührenfrei...