ZPO §§ 788, 91 RVG VV Nr. 3309
Leitsatz
Ist ein Rechtsanwalt rechtskräftig zur Herausgabe seiner Handakten verurteilt worden, so ist er verpflichtet, diese auf eigene Kosten ohne weitere Veranlassung an den früheren Mandanten bzw. dessen Bevollmächtigten zu versenden. Es reicht nicht aus, dass er diese in seinem Büro zur Abholung bereit hält. Die Kosten einer Androhung der Zwangsvollstreckung zur Herausgabe der Handakten sind daher nach angemessener Frist von ihm zu erstatten.
LG Mannheim, Beschl. v. 5.2.2013 – 10 T 81/12
1 Sachverhalt
Der Rechtsanwalt war durch Urteil des LG (abgedr. in AGS 2012, 324) zur Herausgabe seiner Handakte an die ehemaligen Mandanten (Gläubiger) verurteilt worden. Diese forderten durch ihren neuen Prozessbevollmächtigten den Anwalt zur Übersendung der Akte auf und verlangten Ausgleich der Kostennoten für die anwaltliche Zwangsvollstreckung, für die der Prozessbevollmächtigte der Gläubiger jeweils eine gesonderte 0,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3309 VV) für jeden der beiden Gläubiger berechneten. Daraufhin übersandte der Rechtsanwalt den Gläubigern die Handakte.
Da der Anwalt die Vollstreckungskosten nicht freiwillig übernahm, beantragten die Gläubiger beim AG – Vollstreckungsgericht – die Festsetzung dieser Kosten. Dem trat der Anwalt entgegen und berief sich darauf, dass er die Akte lediglich zur Abholung habe bereithalten müssen.
Das AG hat die Vollstreckungskosten antragsgemäß festgesetzt. Die sofortige Beschwerde, der das AG nicht abgeholfen hat, war erfolglos.
2 Aus den Gründen
Das AG hat die zu erstattenden Kosten der Zwangsvollstreckung zutreffend festgesetzt.
Die Kosten einer Vollstreckungsandrohung gem. Nr. 3309 VV, die durch die anwaltliche Vollstreckungsandrohung ausgelöst wird, ist nach § 91 ZPO erstattungsfähig, wenn dem Schuldner nach Erlass des Urteils eine ausreichende Frist zur freiwilligen Leistung eingeräumt worden war (vgl. Gottwald, Zwangsvollstreckung, 5. Aufl., § 788 Rn 26 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall warteten die Gläubiger mehr als 2,5 Monate seit Zustellung des Urteils an den Schuldner zu, bis sie die Zwangsvollstreckung androhen ließen. Der Schuldner hatte ausreichend Zeit, freiwillig zu leisten.
Der Hinweis des Schuldners auf die Entscheidung des AGH Celle (BRAK-Mitt 2002, 94) ändert an der zutreffenden Entscheidung nichts.
Im Unterschied zu dem hier vorliegenden Fall war in der dortigen Entscheidung der Herausgabeanspruch nicht tituliert. Mit der Vollstreckbarkeit des Herausgabeanspruchs beschränken sich die Pflichten des Schuldners nicht mehr auf das Bereithalten der Akte zur Abholung, sondern es entsteht eine Verschaffungspflicht.