FamFG § 76
Leitsatz
Für die Ausschlagung einer überschuldeten Erbschaft kommt grundsätzlich keine Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen von Verfahrenskostenhilfe in Betracht.
OLG Saarbrücken, Beschl. v. 12.12.2012 – 5 W 406/12
1 Sachverhalt
Nach dem Tode des Erblassers beantragten seine beiden minderjährigen Kinder – vertreten durch ihre Mutter – vor dem Nachlassgericht die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Erklärung der Ausschlagung der Erbschaft und die Beiordnung ihres Anwalts. Später erklärte die Mutter der beiden Kinder als deren Vertreterin die Ausschlagung der Erbschaft wegen Überschuldung und beantragte die familiengerichtliche Genehmigung, die auch erteilt wurde. Das Nachlassgericht ließ die Kosten der Erbausschlagung durch die Antragsteller nach § 10 KostVfg außer Ansatz. Den Antrag auf Prozesskostenhilfe wies das Nachlassgericht jedoch zurück. Die dagegen erhobenen Beschwerde, der das Nachlassgericht nicht abhalf, hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
Zu Recht hat das Nachlassgericht der Mutter der Antragsteller keine Verfahrenskostenhilfe bewilligt und den Beschwerdeführer nicht beigeordnet.
1. Nach den §§ 76 ff. FamFG kann einem Beteiligten Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Erfolgsaussicht hat. Entsprechend der Vorschriften der ZPO ist die Verfahrenskostenhilfe aber nicht dem Vertreter, sondern dem Vertretenen zu bewilligen, auf dessen Vermögenssituation es im Regelfall auch ankommt (Geimer, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 114 Rn 8). Vorliegend war die Mutter der Antragsteller lediglich Vertreter ihrer zum Zeitpunkt der Ausschlagung noch minderjährigen Kinder. Sie selbst hatte nach den §§ 1931, 1933 BGB nach der Scheidung kein Erbrecht. Entsprechend dieser Rechtslage hat sie gegenüber dem Nachlassgericht am 29.12.2010 auch lediglich als Vertreterin gehandelt. Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Mutter der Antragsteller war folglich schon deshalb zurückzuweisen, weil eine beabsichtige Verfolgung von Rechten der Mutter der Antragsteller nicht erkennbar ist.
2. Dieser Antrag kann auch nicht ohne Weiteres als Verfahrenskostenhilfeantrag der Antragsteller, vertreten durch ihre Mutter, ausgelegt werden. Ein klarer Antragswortlaut in einem Anwaltsschriftsatz begrenzt die Auslegungsmöglichkeiten.
Ein Hinweis an den Beschwerdeführer zur Antragsänderung musste nicht erteilt werden. Die Antragsteller wurden vom Nachlassgericht von den Gerichtskosten freigestellt. Ob insoweit Verfahrenskostenhilfe hätte bewilligt werden müssen, braucht nicht entschieden zu werden. Die beantragte Beiordnung des Beschwerdeführers kam jedenfalls nicht in Betracht.
Im Ausschlagungsverfahren ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben. Einem Beteiligten kann daher nach § 78 Abs. 2 FamFG im Rahmen einer zu bewilligenden Verfahrenskostenhilfe auf seinen Antrag ein Anwalt nur dann beigeordnet werden, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint.
Bei der gebotenen objektiven Bemessung der Schwierigkeit kann jeder der genannten Umstände, also sowohl die Schwierigkeit der Rechtslage als auch die Schwierigkeit der Sachlage für sich allein die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe erforderlich machen. Entscheidend ist, ob ein bemittelter Rechtssuchender in der Lage eines Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte. Dabei sind als Abwägungskriterien auch die subjektiven Fähigkeiten des betroffenen Beteiligten zu berücksichtigen, insbesondere seine Fähigkeit, sich mündlich oder schriftlich auszudrücken (OLG Hamm FamRZ 2012, 1658).
Zu Recht hat das Nachlassgericht angenommen, dass nach diesen Kriterien keine Beiordnung des Beschwerdeführers in Frage gekommen wäre. Der Beschwerdeführer konnte die Mutter der Antragsteller lediglich rechtlich beraten. Dafür ist Beratungshilfe nach dem BerHG vorgesehen. Zu dieser Beratung gehörte es, der Mutter der Antragstellerin zu erklären, dass die Ausschlagung nach § 1945 Abs. 1 BGB zur Niederschrift des Nachlassgerichts abgeben werden musste. Bei einem offensichtlich überschuldeten Nachlass gab es keinen weiteren anwaltlichen Beratungsbedarf mehr. Dass die Mutter der Antragsteller nicht in der Lage war, ohne anwaltliche Hilfe einen Termin beim Nachlassgericht zu vereinbaren, ist nicht behauptet.
Der Schriftsatz des Beschwerdeführers an das Nachlassgericht war dagegen überflüssig. Es ist nicht erkennbar, dass dieser zur Vorbereitung des Ausschlagungstermins dienen konnte, wie der Beschwerdeführer meint. Außerdem kam es lediglich darauf an, ob die schwierige Sach- oder Rechtslage die Mutter der Antragsteller berechtigte, sich anwaltlicher Interessenwahrnehmung zu bedienen, nicht aber darauf, ob der anwaltliche Schriftsatz der Arbeitserleichterung des Nachlassgerichts diente. Denn Verfahrenskostenhilfe wird nicht zur Erleichterung der gerichtlichen Arbeit, sondern zur...