GKG § 68 RVG VV Nrn. 2300, 3100
Leitsatz
- Der Streitwert beim Kostenwiderspruch bemisst sich nach den Kosten, die bis zur Einlegung des Widerspruchs angefallen sind.
- Wird die einstweilige Verfügung im Anordnungsverfahren ohne Hinzuziehung des Antragsgegners erlassen und hatte dieser keine Schutzschrift hinterlegt, sind bis zum Zeitpunkt des Kostenwiderspruchs regelmäßig nur Gerichtsgebühren des Anordnungsverfahrens und Verfahrensgebühr sowie Auslagen des Prozessbevollmächtigen des Antragstellers angefallen.
OLG Nürnberg, Beschl. v. 28.1.2013 – 3 W 12/13
1 Sachverhalt
Mit Beschl. v. 29.3.2012 hatte das LG gegen die Antragsgegnerin wegen Urheberrechts- und Wettbewerbsrechtsverletzungen eine einstweilige Verfügung erlassen, deren Kosten zu 80 % der Antragsgegnerin und zu 20 % der Antragstellerin auferlegt, sowie den Streitwert auf 130.000,00 EUR festgesetzt. Hiergegen hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz v. 15.6.2012 Kostenwiderspruch eingelegt, diesen mit Schriftsatz v. 30.8.2012 wieder zurückgenommen und im Kostenfestsetzungsverfahren beantragt, die von der Antragstellerin zu erstattenden Kosten auf 789,96 EUR festzusetzen. Ihrer Berechnung legte sie dabei zwei 1,3-Verfahrensgebühren zuzüglich Auslagen (für Prozessbevollmächtigten und Patentanwalt) aus einem Streitwert von 130.000,00 EUR, d.h. insgesamt 3.949,80 EUR zugrunde, wovon sie 20 % geltend machte. Die Antragstellerin begehrte den Ansatz einer 1,3-Verfahrensgebühr nebst Auslagen in Höhe von 1.998,40 EUR.
Das LG hat den Streitwert für das Kostenwiderspruchsverfahren auf 6.001,00 EUR bis 7.000,00 EUR festgesetzt. Dabei hat es auf Grundlage eines Gegenstandswerts von 130.000,00 EUR die beantragten zwei 1,3-Verfahrensgebühren der Antragsgegnervertreter, eine weitere 1,3-Verfahrensgebühr des Antragstellervertreters jeweils nebst Auslagen sowie Gerichtskosten von 1.584,00 EUR, d.h. insgesamt 7.525,20 EUR in Ansatz gebracht. Da nach der Kostenentscheidung hiervon 80 % der Antragsgegnerin zur Last fielen, hat es deren im Widerspruchsverfahren verfolgtes Kosteninteresse mit 6.020,16 EUR bemessen.
Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Streitwertbeschwerde. Sie vertritt die Auffassung, für den Streitwert des Kostenwiderspruchsverfahrens seien die beiden 1,3-Verfahrensgebühren für ihre Anwälte nebst Auslagen nicht zu berücksichtigen, der Streitwert daher entsprechend herabzusetzen.
Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und zur Begründung ausgeführt, da der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin die Festsetzung von zwei 1,3-Verfahrensgebühren nach § 104 ZPO aus einem Streitwert von 130.000,00 EUR beantragt habe, seien diese Gebühren auch beim Streitwert zu berücksichtigen. Dies gelte unabhängig davon, in welcher Höhe sie (im Kostenfestsetzungsverfahren) letztlich zuzusprechen seien.
Die Beschwerde hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Der Streitwert für das Kostenwiderspruchsverfahren ist auf 2.865,92 EUR herabzusetzen. Er bemisst sich nach den Kosten, die bis zur Einlegung des Widerspruchs angefallen sind.
Zunächst zu Recht ist das LG bei der Streitwertbemessung allein vom Kosteninteresse der Antragsgegnerin ausgegangen. Der Senat teilt die von Rspr. und Lit. ganz überwiegend vertretene Auffassung, dass bei einem auf die Kostenentscheidung beschränkten Widerspruch ausschließlich der Wert der in Streit stehenden Kosten maßgeblich ist (etwa BGH NJW-RR 2003, 1293 f. [= AGS 2003, 446]; OLG Hamburg, Beschl. v. 15.4.2009 – 5 W 23/09 m.w.Nachw.; Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 3 Rn 16 – einstweilige Verfügung – Kostenwiderspruch; Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 6. Aufl., Kap. 54 Rn 37 m.w.Nachw.). Zugrunde zu legen sind demnach die im Anordnungsverfahren der einstweiligen Verfügung bis zur Einlegung des Widerspruchs angefallenen, die Antragsgegnerin treffenden Kosten.
Entgegen der Auffassung des LG sind jedoch die beiden 1,3-fachen Verfahrensgebühren nebst Auslagen für den Prozessbevollmächtigten und Patentanwalt der Antragsgegnerin aus einem Streitwert von 130.000,00 EUR nicht angefallen. Die Verfahrensgebühr entsteht nach Vorbem. 3 Abs. 2 VV für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Durch die Einlegung eines Kostenwiderspruchs wird jedoch kein Geschäft in einem gerichtlichen Verfahren über den Verfügungsanspruch betrieben, das eine solche Gebühr ausgelöst hätte. Der Antragsgegnerin war vor Erlass der einstweiligen Verfügung kein rechtliches Gehör gewährt worden. Sie hatte auch keine Schutzschrift hinterlegt. Die Anordnung war auf einseitigen Antrag der Antragstellerin ohne Hinzuziehung der Antragsgegnerin erlassen worden. Die Antragsgegnerin konnte ihre Parteistellung deshalb nicht bereits mit der (vorgezogenen) Rechtshängigkeit, sondern erst mit ihrer tatsächlichen Beteiligung am Verfahren erlangen (Zöller a.a.O. vor § 916 Rn 5b). Insofern weist der Rechtspfleger zu Recht darauf hin, dass im Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bis zum Beschluss des LG v. 29.3.2012 nach Aktenlage eine anwaltliche Tätigkeit auf Seiten der Antragsgegnerin, welche die an...