Leitsatz
In Verfahren gem. § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG i.V.m. § 1361b BGB ist der Regelwert von 3.000,00 EUR zu erhöhen, wenn es sich um ein vom Normalfall deutlich abweichendes, wesentlich höherwertiges Anwesen mit deutlich gehobenem Wohnwert handelt (hier: Grundstücksgröße: 976 m², Wohnfläche: ca. 250 m²).
OLG Köln, Beschl. v. 28. 11. 2013 – 4 WF 151/13
1 Sachverhalt
Der Antragsteller hatte vor dem FamG die Zuweisung der gemeinsamen Ehewohnung beantragt. Das FamG hatte nach Abschluss des Verfahrens den Verfahrenswert mit dem Regelwert des § 48 Abs. 1 FamGKG von 3.000,00 EUR festgesetzt. Hiergegen erhob der Anwalt des Antragstellers aus eigenem Recht nach § 32 Abs. 2 RVG i.V.m. § 59 FamGKG Beschwerde und beantragte, die Wertfestsetzung auf 8.400,00 EUR abzuändern. Auszugehen sei vom Jahresnutzungswert. Da die Wohnung einen monatlichen Nutzungswert von 700,00 EUR habe, ergebe sich insoweit ein Verfahrenswert von 12 x 700,00 EUR = 8.400,00 EUR. Das FamG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem OLG vorgelegt. Das OLG hat den Wert auf 4.500,00 EUR abgeändert.
2 Aus den Gründen
Die gem. § 32 Abs. 2 RVG i.V.m. § 59 Abs. 1 FamGKG statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers hat in der Sache teilweise Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
Der Senat teilt die Auffassung des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers, dass der durch § 48 Abs. 1 FamGKG für Verfahren gem. § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG i.V.m. § 1361b BGB vorgegebene Regelwert von 3.000,00 EUR gem. § 48 Abs. 3 FamGKG wegen der besonderen Umstände des Einzelfalles zu erhöhen sein kann, wenn die Wohnungszuweisung eine besonders teure Wohnung anbetrifft. Dies trägt der Motivation des Gesetzgebers bei Schaffung des § 48 FamGKG Rechnung. Die Erhöhung des Wertes einer Ehewohnungssache über den Regelwert hinaus hat der Gesetzgeber bei Verfassung des seit dem 1.9.2009 geltenden FamGKG beispielhaft ausdrücklich bei besonders teuren Wohnungen als möglich angesehen (BT-Drucks 16/6308, S. 307). Eine solche Behandlung erscheint auch plausibel, da das wirtschaftliche Interesse des Rechtssuchenden an einem Obsiegen mit seinem Wohnungszuweisungsantrag mit dem Nutzungswert der Immobilie steigt und der Regelwert, der auch für Mietwohnungen kleineren Zuschnitts und geringeren Standards gilt, der wirtschaftlichen Bedeutung bei Zuweisung einer besonders teuren Wohnung nicht mehr gerecht wird.
Auf dieser Grundlage erscheint dem Senat eine Erhöhung des Regelwertes auch im vorliegenden Fall geboten. Bei der betroffenen Wohnung handelt es sich um ein in C gelegenes Hausgrundstück mit einer Grundstücksgröße von 976 m² und einer Wohnfläche von ca. 250 m² und damit um ein vom Normalfall deutlich abweichendes, wesentlich höherwertiges Anwesen mit deutlich gehobenem Wohnwert. Unter weiterer Berücksichtigung des Regelwertes von 3.000,00 EUR als Ausgangswert bei durchschnittlichem Nutzungswert einer Wohnung einschließlich einer zu berücksichtigenden Spanne nach unten wie auch – hier – nach oben erscheint die Erhöhung des Regelwertes um 50 % und damit die Festsetzung des Verfahrenswertes für den ersten Rechtszug auf 4.500,00 EUR angemessen.
Soweit der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers speziell auf einen Jahreswohnwert abgestellt wissen möchte und auf dieser Grundlage zu einem Verfahrenswert von mindestens 8.400,00 EUR gelangt, findet diese Bewertung im Anschluss an die Kodifizierung des FamGKG keine rechtliche Grundlage, wie aus dem Vorstehenden erhellt. Die für die Richtigkeit ihrer Auffassung angeführte Rspr. des Brandenburgischen OLG (Beschl. v. 26.5.2010 – 13 WF 20/10), die für die Festsetzung des Wertes des Wohnungszuweisungsverfahrens ebenfalls auf den einjährigen Nutzungswert abgestellt hat, ist nicht einschlägig; diese Entscheidung ist auf der Grundlage des § 48 Abs. 2 und 3 GKG a.F. und nicht unter Berücksichtigung des seit dem 1.9.2009 geltenden § 48 FamGKG ergangen.
Eine Kostenentscheidung ist gem. § 59 Abs. 3 FamGKG nicht veranlasst, dementsprechend auch nicht die Festsetzung des Gegenstandswerts der Beschwerde.
3 Anmerkung
Die Entscheidung ist zutreffend und entspricht dem Willen des Gesetzgebers, der bei Ehewohnungssachen keine Anknüpfung an den Nutzungswert der Ehewohnung (mehr) wollte. Damit sollte der sich unter der Fassung des § 100 KostO regelmäßig ergebende Streit über den Nutzungswert der Wohnung vermieden werden. Oftmals stritten die Verfahrensbevollmächtigten nach Abschluss des Verfahrens über den Wohnwert mehr als die Beteiligten zuvor über die Zuweisung der Wohnung selbst.
Kriterien für eine Anhebung des Verfahrenswerts können auch der Umfang und die Schwierigkeit der Sache sein, insbesondere, ob das Verfahren besonders streitig geführt worden ist. Eine besondere Bedeutung, die zu einer Unbilligkeit führt, kann sich auch daraus ergeben, dass einer der Beteiligten oder die bei ihm lebenden Kinder dringend auf die Nutzung der Ehewohnung angewiesen sind.
Der Regelwert des § 48 Abs. 1 FamGKG gilt nicht nur für Verfahren auf Überlassung der Ehewohnung nach § 1361...