SGG §§ 105, 73a
Leitsatz
Wird im Gerichtsbescheid zugleich die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, beseitigt die rechtzeitig beantragte mündliche Verhandlung auch die Ablehnung von Prozesskostenhilfe. Es ist erneut über Prozesskostenhilfe zu entscheiden.
Bayerisches LSG, Beschl. v. 20.11.2013 – L 7 AS 715/13 B PKH
1 Sachverhalt
Die Kläger reichten im Mai 2009 eine Betriebskostenabrechnung (einschließlich Heizung und Warmwasser) für ihre Wohnung für das Jahr 2008 ein. In dieser wurde eine Nachzahlung von 1.009,32 EUR gefordert. Der Beklagte übernahm der Beklagte davon 421,20 EUR. Nach Widerspruch auf volle Übernahme der Nachforderung bot der Beklagte weitere 421,44 EUR an. Dem stimmte der Bevollmächtigte der Kläger zu. Dieser Betrag wurde sodann durch Bescheid festgesetzt und die volle Übernahme der Kosten des Vorverfahrens dem Grunde nach verfügt.
In der Kostennote begehrte der Bevollmächtigte der Kläger u.a. auch eine Einigungsgebühr in Höhe von 280,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer. Der Beklagte lehnte die Übernahme dieser Gebühr ab. Daraufhin erhob der Bevollmächtigte für seine Partei deswegen Klage und beantragte zugleich die Gewährung von Prozesskostenhilfe.
Mit Gerichtsbescheid v. 6.8.2013 wies das SG die Klage ab. Die Berufung wurde nicht zugelassen. In Nr. IV. des Gerichtsbescheids wurde die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Voraussetzungen hierfür seien bei dieser Sachlage nicht gegeben. Eine Rechtsmittelbelehrung zur Prozesskostenhilfeentscheidung enthält der Gerichtsbescheid nicht.
Am 6.9.2013 stellte der Bevollmächtigte der Kläger einen Antrag auf mündliche Verhandlung beim SG.
Am 17.10.2013 hat der Bevollmächtigte der Kläger gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren Beschwerde eingelegt. Da der Gerichtsbescheid als nicht ergangen gelte, sei auch die Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe hinfällig. Die Beschwerde werde vorsorglich eingelegt.
2 Aus den Gründen
Die Beschwerde gegen Nr. IV. des Gerichtsbescheids ist als unzulässig zu verwerfen. Der rechtzeitige Antrag auf mündliche Verhandlung hat den Gerichtsbescheid gem. § 105 Abs. 3, Hs. 2 SGG insgesamt beseitigt. Es fehlt an einer beschwerdefähigen Entscheidung.
Nach § 172 Abs. 1 SGG ist gegen die Entscheidungen der LSG mit Ausnahme der Urteile die Beschwerde an das LSG statthaft, soweit nicht im SGG anderes bestimmt ist.
Die Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe hat grundsätzlich vor der Entscheidung in der Sache durch Beschluss zu erfolgen. Dass die Entscheidung im vorliegenden Fall im Rahmen eines Gerichtsbescheids nach § 105 SGG erfolgte, kann die grundsätzlich statthafte Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe nicht beseitigen (Meistbegünstigungsgrundsatz, vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 10. Aufl. 2012, Rn 14 vor § 143).
Das SG hat im Ergebnis die Erfolgsaussicht verneint, so dass kein Beschwerdeausschluss nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG in der bis 19.10.2013 gültigen Fassung vorliegt. Der Ausschluss nach § 172 Abs. 3 Nr. 2b) SGG in der ab 20.10.2013 gültigen Fassung der Änderung durch das BUK-NOG, BGBl I 2013, S. 3836, weil in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte, war zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung noch nicht anwendbar (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., Rn 10e vor § 143).
Der rechtzeitige Antrag auf mündliche Verhandlung hat den Gerichtsbescheid gem. § 105 Abs. 3, Hs. 2 SGG insgesamt beseitigt.
§ 105 Abs. 3 SGG lautet: "Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen."
Die mündliche Verhandlung wurde rechtzeitig binnen eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids beantragt. Der Gerichtsbescheid als solcher gilt als nicht ergangen. Der Wortlaut von § 105 Abs. 3 Hs. 2 SGG lässt keinen Spielraum für einen Fortbestand der Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe zu. Ob dies auch für eine Gewährung von Prozesskostenhilfe gilt, war hier nicht zu entscheiden. Damit fehlt es an einer beschwerdefähigen Entscheidung. Die Beschwerde ist daher als unzulässig zu verwerfen (§ 202 SGG i.V.m. § 572 Abs. 2 S. 2 ZPO).
Das SG wird erneut über den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zu entscheiden haben.
AGS 3/2014, S. 145 - 146